Happy Hölle

Michail Bulgakow «Der Meister und Margarita»

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Stalins Russland – Putins Russland, die Ähnlichkeiten zeigen Grundstrukturen der russischen Gesellschaft: Bürokratie, Despotismus, Korruption. Sebastian Baumgartens Inszenierung von Bulgakows «Der Meister und Margarita» zeigt vor allem Parallelen. Der satirische Roman aus der Stalin-Zeit wird mit allen Mitteln der dekonstruktivistischen Theaterästhetik auf die russische Gegenwart bezogen: ein Schauspieler reproduziert eine originale Stalin-Rede von 1913, und von den Bildschirmen flimmert das Nachrichtenvideo von der Verhaftung des Oligarchen Chodorowski.

Wer über die kultivierte Vorurteilsbildung hinaus will, muss aber auch die Unterschiede sehen.

Sebastian Baumgarten reichert seine Inszenierungen meistens mit Assoziationsmaterial bis zum Bersten an. Diesmal hat er sich einen Roman gewählt, der schon vor Fantastik überquillt. So bleibt ihm nichts anderes übrig als zu reduzieren. Statt semantischer Hypertrophie also diesmal narrative Ökonomie: Im Program­m­heft werden schön sauber die Stationen der verwirrenden Handlung aufgelistet, und in gut zwei Stunden ist alles vorbei.

Das Bühnenbild Thilo Reuthers versucht, Bulgakows mehrschichtiger Erzählweise Paroli zu bieten. Im Hintergrund ...

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Theater heute Juli 2008
Rubrik: Chronik, Seite 53
von Gerhard Preusser

Vergriffen
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