Greifswald: Türkischer Honig
In Greifswald passiert was, so ist zu vernehmen. Ein neuer Oberspielleiter hält mit dieser Spielzeit das Ruder, Reinhard Göber, einst in Lübeck aktiv. «Faust. Ein Fragment» legt er zum Auftakt vor, einen knackigen Achtzigminüter. Die Lokalpresse applaudiert. Zuletzt war sie eher mit Krisenmeldungen befasst. Das Leitungsteam des Theaters Vorpommern um Intendant Dirk Löschner ist von Kostenexplosionen am Haus geplagt, sah sich schon durch den Aufsichtsrat angezweifelt und ringt, wie alle Theater in Mecklenburg-Vorpommern, mit den Spar- und Fusionsauflagen der Landesregierung.
Jetzt also der Befreiungsschlag? Man möchte es glauben und reist also hoch in den Norden zum Greifswalder Bodden – und erlebt einen betrüblichen Fall von Weltverkennungstheater. Geschenkt, dass das Duo Faust (Alexander Frank Zieglarski) und Mephisto (Julius Robin Weigel) mit Schlabberlook und NETTO-Einkaufsbeutel umher schlunzt, als sei es eher dem Holunder- als dem Erdgeist verpflichtet. In Sachen Gelehrtentragödie gibt das «Faust»-Fragment, das Goethe als eine erste Ausarbeitung des «Urfaust» 1790 in den Druck gab, ohnehin noch nicht so viel her wie «Faust. Der Tragödie erster Teil» (von ...
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Theater heute Januar 2017
Rubrik: Chronik, Seite 49
von Christian Rakow
Lichtwechsel im Berliner Maxim Gorki Theater. Es folgt ein eher seltener ruhiger Moment in der lose montierten Monologfolge von Lola Arias’ «Atlas des Kommunismus». Ruth Reinecke blickt auf ein angefleddertes Textbuch in ihren Händen, sie blickt zu den Kollegen auf der Bühne, ins Publikum, dann nimmt sie innerlich Anlauf. Und los: Sie wisse, dass das sinnlos...
Aufführungen
War vielleicht doch ein bisschen zu viel medialer Gegenwind, der Matthias Lilienthals als «Pipifax» geschmähter Performance-Schiene entgegenschlug. Ins neue Jahr jedenfalls starten die Münchner Kammerspiele so kanonisch wie nur irgend möglich: Mit Tschechows «Kirschgarten», möglicherweise leicht entkanonisiert durch Nicolas Stemann, und...
Werner Fritsch ist der Theatermann fürs grob Verworrene, für die verschmitzte Provokation, die hirnschwurbelnde Sprachakrobatik und überhaupt für Abende, an denen man am Ende nicht mehr so recht weiß, ob man jetzt gut unterhalten oder doch auf hohem Niveau verarscht wurde. Es kann auch durchaus beides zutreffen, und am Ende von «Shakespeares Schädel in Fausts...
