Freiwillig geklont

Tom Lanoye «Die Wolf-Gang»

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Fünf Personen – drei Männer, zwei Frauen – in identischem Outfit: dunkle Trainingshosen und Jacken, die geometrisch mit fluoreszierenden Streifen abgeklebt sind, Kapuzen, darunter gelbe T-Shirts und Stoffturnschuhe. Als ob das noch nicht genug an Uniformierung wäre, sind auch die Gesichter maskenhaft auf stereotype Gleichheit hin aufgeschminkt. Diese Leute hören alle auf denselben Namen: Wolfgang, und sie bilden eine wilde WOLF-GANG aus Möchtegern-Klonen.

Sie leben in der überschaubaren «Welt der Wolf-Gang», einer rechteckigen, mit Leuchtstreifen von der Außenwelt abgegrenzten Zone. In einer stürmischen, merkwürdig implodierenden Rapper-Performance schwören sie sich zu Beginn aufeinander und die gemeinschaftlichen Ideale ein: Leben auf vollen Touren und Messers Schneide, Trost in der Gruppe, wildes Glück und reine Freundschaft.
 

Es gibt im Leben vieler Menschen eine Zeit, da wollen sie sich nur ungern von den anderen, den Gleichaltrigen unterscheiden. Der Markt macht sich das mit Trendmarken zunutze. Sie suchen ihr Glück und ihre Identität in der kuscheligen Geborgenheit der Gruppe. Auf Zeit geben sie jeden Ansatz von Individualität geradezu lustvoll auf.  
 

Doch verharrt auch ...

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Theater heute Januar 2006
Rubrik: Chronik, Seite 46
von Sabine Heymann

Vergriffen
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