Frauenzimmer mit Aussicht

Die neue Grazer Intendantin Andrea Vilter möchte den Kanon erweitern und startete am Schauspielhaus mit einem 245 Jahre alten Trauerspiel einer vergessenen Autorin. Klassiker gibt es aber auch, Werner Schwab zum Beispiel

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Auf das Eröffnungsstück ist Chefdramaturgin Anna-Sophia Güther in einer Fußnote gestoßen. In einem Text über Goethes «Stella» wurde auf ein Stück verwiesen, von dem Güther noch nie gehört hatte. Das Trauerspiel «Düval und Charmille», geschrieben von der Goethe-Zeitgenossin Christiane Karoline Schlegel, war 1778 zwar in Druck gegangen, wurde aber nie gespielt. Die Uraufführung fand erst jetzt, mit 245 Jahren Verspätung, im Schauspielhaus Graz statt. Die neue Intendantin Andrea Vilter eröffnete damit ihre erste Spielzeit, und das war durchaus programmatisch zu verstehen.

Vilter und Güther sind in Graz mit der Ansage angetreten, den Kanon erweitern zu wollen. Für dieses Vorhaben ist Schlegels vergessenes Drama natürlich ein besonders anschauliches Beispiel. Erschienen war das Stück seinerzeit anonym, auf dem Titelblatt war nur der Hinweis «von einem Frauenzimmer» zu lesen. Unter dem Titel «Von einem Frauenzimmer» kam das Drama in Graz nun auf die Bühne. Die Struktur des Trauerspiels, das auf einem realen Kriminalfall basiert, bildet eine klassische Dreieckskonstellation: Der mit Mariane verheiratete Baron Düval hat ein Verhältnis mit Amalie; als der Fürst davon Wind bekommt, droht ...

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Theater heute April 2024
Rubrik: Start Graz, Seite 48
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