Fabrik und Fashion

Henrik Ibsen/Elfriede Jelinek «Nora 3» (U) im Schauspielhaus

Theater heute - Logo

Elfriede Jelinek hat eine neue dramatische Strategie erfunden: das Sekundärdrama. Dieses sei, so die Autorin, von seinem «Wirt», dem Primärdrama, abhängig und dürfe nur gemeinsam mit ihm aufgeführt werden. Nach Faust («FaustIn and out») hat sich Jelinek nun Ibsens «Nora» vorgeknöpft. Der eigens für das Düsseldorfer Schauspielhaus verfasste Epilog «Nach Nora» spült hoch, was wir Modekonsumenten und Fashionvictims verdrängen bzw.

ignorieren: «Immer waren wir schon schlau und haben es woanders produzieren lassen […] damit wir den Dreck nicht hier haben und ständig anschauen müssen. Da vergeht es uns ja!» Doch so entlarvend «Es» in typisch Jelinekscher Manier auch plappert, der kurze Text über die sich immer rascher  verbrauchende Mode, die sich gottgleich gerierenden (Mode-)Schöpfer und die Brände in den Kleiderfabriken in Bangladesch wirkt selber wie mit der heißen Nadel gestrickt. 

Vielleicht ein Grund, warum Dusan David Parizek noch eine frühe Nora-Umschrift Jelineks in seine Inszenierung einbaut: «Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte» (1979). Emanzipatorisch gestimmt, heuert Nora hier nach Verlassen ihres Mannes in einer Fabrik an und wird mit den ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2013
Rubrik: Chronik Düsseldorf, Seite 56
von Natalie Bloch

Weitere Beiträge
Rache ist Blutwurst

Es gibt da nichts zu beschönigen. Schon das erste Drittel des letzten Säkulums hätte gereicht, um dem Titel «Jahrhundert der Katastrophen» traurige Ehre zu machen. Der französische Arzt und Skandalautor Louis-Ferdinand Céline war der erste, der das in seinem 1932 erschienenen Debut­roman «Reise ans Ende der Nacht» schonungslos verkündete, mit einer Sprache, die wie...

Begrüßenswerte Turbulenzen

In der Royal-Court-Bar wächst gegen alle Schwerkraft Rasen an der Wand. Steht plötzlich eine improvisiert zusammengeklopfte Mini-Bühne mit Fähnchen zwischen den Tischen und dem Edel-Beton. Es gehen E-Mails durch die Networks junger Londoner Theatermacher, dass noch ein paar Lücken im «Open Court»-Programm offen seien, man solle sich doch mit Ideen melden. Im Royal...

Schutzraum Gefängnis

«Die Eingeschlossenen» endet wie schon einige Stücke der Hamburger Gruppe Ligna: mit Zuschauern, die im Halbdunkel auf dem Boden liegen, an die Decke starren und das Geschehene nachhallen lassen. Was während der vergangenen Stunde passiert ist, stellt allerdings eine Neu­erung im Ligna-Kosmos dar. Verstrickten Ole Frahm, Michael Hüners und Torsten Michaelsen...