Erkenntnis und Verzweiflung

Wahrscheinlich war Jürgen Berger einer der ersten Theaterkritiker, die schon 1991 ein Stück von René Pollesch rezensierten – eine Erinnerung an «Die Aquaristin» im pfälzischen Frankenthal

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Die Theaterkritik von damals zu finden, war genauso schwierig wie damals die Suche nach dem Theater, in dem ein neuer Theatertext inszeniert wurde, den der Regisseur des Abends auch geschrieben hatte. Es war im November 1991 und auch deshalb so außergewöhnlich, weil sich das Ganze im pfälzischen Frankenthal ereignete. Dass es da eine zwar kleine, aber wohl doch ziemlich experimentierfreudige Bühne gab, wussten die wenigsten.

Nach einer etwas langwierigen Suche saß ich aber tatsächlich im Theater Montage, das von drei Menschen geleitet wurde, die am Institut für angewandte Theaterwissenschaft in Gießen studiert hatten und nun in der BASF-Stadt Ludwigshafen gemeinsam in einer Wohnung lebten: Bärbel Maier, Peer Damminger – und René Pollesch, den ich damals vor der Vorstellung traf und der etwas anders wirkte, als ich erwartet hatte. Pollesch war eher zurückhaltend, fast schon scheu, aber auch sehr anwesend, wenn er davon sprach, dass er ein anderes Theater der Zeitgenossenschaft im Sinn hat, als man das damals kannte.

Was er meinen könnte, sah ich dann in «Die Aquaristin», einem Theaterabend, der stark an Beckett erinnerte. Pollesch schickte singuläre Menschenwesen ins Rennen, ...

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Theater heute April 2024
Rubrik: Nachruf René Pollesch, Seite 32
von Jürgen Berger

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