Dresden: Tal der Zukunftslosen
Die Zukunft findet nicht statt. Jedenfalls nicht im Dresdner Elbtal. Zu dieser interessanten
Diagnose kommen gleich zwei Uraufführungen des dortigen Staatsschauspiels. Glaubt man, zunächst, Konstantin Küsperts Prognose vom «ende der menschheit», die Anton Kurt Krause dort im Kleinen Haus (mit einem vergleichsweise munteren Schauspielertrio) urinszeniert hat, wird schon bald der letzte Artgenosse den Laptop zuklappen.
Niedergangsverantwortlich zeichnet ein nerdiger Wissenschaftler (Holger Hübner), der in Sibylle Wallums Bühnen- und Kostümbild mit strähnig-schütterer Langhaarperücke in einem gläsernen Gewächshäuschen vor illustrer Video-Naturkulisse hockt, bestens mit den realkapitalistischen Zusammenhängen zwischen erotischem, ökonomischem und symbolischem Kapital vertraut ist und deshalb in
einem Akt grenzenloser Philanthropie ein geschlechtsneutralisierendes Virus unter die Erdbevölkerung bringt.
Dass die Befreiung vom Reproduktionsimperativ ein paar lästige gesellschaftsimmanente Folgezwänge gleich miterledigt und insofern durchaus (auch) utopische Züge tragen könnte, dämmert freilich nur den Progressivsten unter den Untergangsgeweihten. Und leider wird jene Enklave der ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: Chronik, Seite 54
von Christine Wahl
Es gibt sie noch, selbst in unserer überinformierten und ausdiskutierten Welt, Themen, die jeden einzelnen betreffen und über die doch beharrlich geschwiegen wird. Und wenn sich jemand daran macht, mit behutsamer Neugier nachzufragen, wie die deutsch-amerikanische Theatermacherin Karen Breece in ihrer jüngsten Theaterproduktion «don’t forget to die», dann liegt in...
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Wilfried Schulz macht in der ersten Spielzeit seiner Düsseldorfer Intendanz deutlich, dass er die Diaspora-Situation des auf Ausweichspielstätten vertriebenen Schauspiels, die sich nun wohl über Jahre (mindestens bis 2020) hinziehen wird, nutzen will zur offensiven Verankerung in der Stadt. Alles will er – alle Stile, alle Publikumsschichten, alle Richtungen, alle...