Drei Tode
Zum Schluss gab’s noch eine große Oper. Die Ausweitung der Sprechtheaterzone war für Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg in den vergangenen fünf Jahren Programm am Schauspielhaus Zürich – siehe auch das Gespräch im letztem Heft. Die Regisseurin und bildende Künstlerin Wu Tsang war dabei eine der federführenden Hauskünstler:innen. Ihre «Carmen» nun nach Georges Bizet und Prosper Mé-rimée vermischt noch einmal die Genres und Expertisen: Schauspiel, Tanz, Oper, Installation. Drei Carmens in roten Roben liegen eingangs in ihrem Blut am Bühnenboden.
Die Geschichte ist aus, bevor sie beginnt. Oder vielmehr: Sie läuft immer auf das Gleiche hinaus. Femizid, buchstäblich oder bildlich als Totschweigen.
Eine Historikerin (Perle Palombe) macht sich auf die Spuren einer Widerstandskämpferin im Spanischen Bürgerkrieg. «La Paloma roja» heißt diese mit Picasso-Anspielung, die rote Taube. Ihre akademische Vorgesetzte (Alicia Aumüller) pfeift sie zurück. Also forscht sie auf eigene Faust weiter und findet in den andalusischen Bergen den Ort, wo die Paloma erschossen wurde, trifft dabei auf den Geist der Zigarettendreherin Carmen, die hundert Jahre zuvor der eifersüchtige Don José ermordet ...
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Theater heute August/September 2024
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Andreas Klaeui
Ist das Stück ausgefallen? Bin ich zu spät, erst zum Nachgespräch in die Kölner Tanz-Faktur gekommen, mitten im launigen Betrieb des Impulse-Theaterfestivals, Show -case in Köln? Ein wenig verknautscht sieht der Künstler aus, wie er da neben dem Moderator auf der Bühne sitzt und mit strengem Blick über die vermeintlich vergangene Performance und sein neuestes...
Mitten hinein also. Das ist die Richtung dieses Abends, der sich selbst wie ein Einschlag ankündigte. Mitten hinein nämlich in die siedende deutsche Debatte rund um Nahost und damit auch in unsere weiterhin die offene Aussprache scheuende Theaterszene. Jetzt aber durfte man Deutliches erwarten beim Gastspiel der neuen Inszenierung von Ofira Henig. Die israelische...
Wir leben», beginnt Elfriede Jelineks Text «Die Schutzbefohlenen – Was danach geschah (2024)». «Hauptsache, wir leben, und viel mehr ist es auch nicht nach Verlassen der heiligen Heimat.» Dass diese Sätze bei Johan Simons, der den vergleichsweise schlanken 39-Seiter der Literaturnobelpreisträgerin am Schauspielhaus Bochum zur Uraufführung gebracht hat, gleichzeitig...