Dolmetscher der Gefühle
Es begann mit zwei schmalen Erzählbänden, die Mitte der neunziger Jahre erschienen und sonderbare Titel trugen: «Der Elefant verschwindet» und «Wie ich eines schönen Morgens im April das 100%ige Mädchen sah». Die Bücher hielten, was ihre Titel versprachen. Sie handelten von jungen Menschen in Japan, die ebenso gut junge Menschen in Mitteleuropa hätten sein können, die Spaghetti aßen, Woody-Allen-Filme sahen und, das vielleicht als signifikante Abweichung, eher Jazz- als Popmusik hörten.
Ihr Autor, ein gewisser Haruki Murakami, pflegte einen wunderbaren Sound, leicht, elegant, aber keineswegs seicht oder seifig. Die Geschichten handelten vom Einbruch des Irrationalen ins alltägliche Leben. Sie hatten eine magische Dimension, das machte sie aufregend. Wenn ein Elefant aus dem Zoo verschwindet, bedeutet das eben nicht, dass er flieht oder entführt oder getötet wird, sondern tatsächlich: dass er auf ganz und gar rätselhafte Art verschwindet, obwohl alles, aber auch alles ihn daran zu hindern scheint.
Die Erzählbände wurden nicht weiter beachtet. Erst mit den folgenden, oft dickleibigen Romanen wurde Murakami zum Bestsellerautor, zur Kultfigur und zum Streitobjekt mit unabsehbaren Folgen ...
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