Die Vorstadt als Kunstwerk

Nicht «Veränderung der Gesellschaft», sondern Doku­mentationen einer mehr oder weniger inszenierten Realität kennzeichneten die Kunst auf dem 7. Festival «Politik im Freien Theater». Die Bundes­zentrale für politische Bildung lud diesmal nach Köln; warme Outdoor-Garderobe war Pflicht

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Man war ja schon einiges gewohnt. Mit Boris Sieverts hatte man bei Schneefall den unwirtlichen Kölner Norden durchwandert. In einer Open-Air-Performance von «Der Bus» war man durch Wälder und Tümpel unweit des Kraftwerks Goldenberg gestreift, als auch der zweite Vlies-Pullover nichts mehr gegen die klirrende Kälte auszurichten vermochte. Dann aber hockte man mit knapp 30 Zuschauern in der unbeheizten Orangerie am Volkspark (wo der Weg zum Sanitärtrakt direkt durch die Garderobe des Schauspielers führt).

Und spätestens da, als der Bühnenerzähler Arjun Raina inmitten seines Stücks über die entfremdeten Arbeitsbedingungen indischer Call Center Agents kurz ausstieg, um sich von einem der leeren Publikumsplätze eine Wolldecke zu greifen, wurde letztgültig eingebläut, was «Freie Szene» leider allzu oft auch bedeutet: den ultimativen Härtetest – für alle Beteiligten.

«Echt» hatten sich die Macher der siebten Ausgabe des Festivals «Politik im Freien Theater» auf die Fahnen geschrieben. Um Erkundungen zeitgenössischer Wirklichkeit sollte es gehen. Und zumin­dest die durchschnittliche Wirklichkeit der freien Theaterszene wurde hier recht gut eingefangen und an den Besucher weitergereicht. ...

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Theater heute Januar 2009
Rubrik: Festival, Seite 22
von Christian Rakow

Vergriffen
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