Die im Dunkeln sollen funkeln
Regt sich noch jemand ernsthaft über Ibsens «Nora» auf? Kann sich noch jemand das Skandalon vorstellen, das der Text anno 1879 bedeutet haben muss, als bei der deutschen Erstaufführung im Jahr darauf in Hamburg sogar der Schluss geändert werden musste, um die traditionelle Vorstellung von Ehe nicht zu erschüttern?
Eine Frau, die Mann und Kinder verlässt, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen, schien dem Publikum nicht zumutbar. Nora blieb in der Hamburger Fassung stattdessen, der Kinder wegen.
Heute ist Ibsens Stück längst im Mainstream des Klassiker-Kanons angekom -men, Inszenierungen davon werden regelmäßig zum Theatertreffen eingeladen (2012, 2023), und selbstbewusste Noras sind beliebte Paraderollen für Ensembleprotagonistinnen im Vollgefühl ihrer Emanzipiertheit. Hat sich das einst giftig feministische «Nora»-Bühnenbonbon also längst im allgemeinen Zustimmungsjubel aufgelöst?
Jedenfalls nicht für Sivan Ben Yishai, die noch ein paar andere Fragen an den Stoff hat: Wie würde die prächtige Villa, in der Ibsens höhere Tochter aufgewachsen ist und die sie geerbt hat, wohl aus der Perspektive ihrer Angestellten aussehen, der Köchinnen, Gärtner, Hausmädchen, des Chauffeurs oder ...
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Theater heute März 2024
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Franz Wille
Herzlich willkommen in meiner Kolumne. Schön, dass Sie es in den zweiten Satz geschafft haben. Ich war mir bei dem Titel nämlich wirklich nicht sicher. Meinen inneren Zweifeln und verantwortungsbewussten Ansprüchen zum Trotz wollte ich ihn aber unbedingt stehen lassen. Denn in ihm spiegelt sich die Quintessenz dieser Kolumne. Warten Sie ab.
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