Die Abwesenheit des Schreckens
Da ist diese eine Szene, in der Sandra Hüller lacht. Sie liegt im Bett, das einen Meter entfernt ist von ihrem Mann, eine unüberbrückbare Distanz in dieser ziemlich toten Ehe. Ihr Mann (Christian Friedel) ist Rudolf Höß, der das Konzentrationslager Auschwitz aufgebaut hat und die planmäßige Vernichtung von Juden perfekt bürokratisch verwaltet. Wenn er in diesem Film spricht, dann meistens in sein Telefon, wo er in präzisem Bürokratensprech Anweisungen zum Töten diktiert.
Seinem Pferd flüstert er «Ich liebe dich» zu, seiner Tochter liest er mit liebevoller Einschlafstimme «Hänsel und Gretel» vor, wie die Hexe im Ofen verbrennt.
In den Öfen hinter der Mauer um seine heile Welt verbrennen täglich 10.000 Menschen. Darüber wird nicht gesprochen. Als Hedwig, die Mutter seiner fünf Kinder, Sandra Hüller mit stramm geflochtenen blonden Zöpfen, die unauflösbar auf ihrem Kopf festgetackert sind, diesen einen Versuch wagt, mit ihm ins Gespräch zu kommen, «grunzgrunz» kichert, kommt das große Zuschauererschrecken: Hat frau tatsächlich einen Moment Hoffnung gefasst, in diese kalte Ehe könnte ein Hauch Wärme geraten – und alles wäre gut? Ist frau zu Hedwig Höß geworden, von Sandra Hüller mit ...
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Theater heute Februar 2024
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Barbara Burckhardt
AACHEN, DAS DA THEATER
22. nach Fitzek, Der erste letzte Tag
R. Tom Hirtz
AACHEN, THEATER
3. Sapienza, Die Kunst der Freude
R. Anaïs Durand-Mauptit
9. Lorenz und D’Aprile, Das Leben ein Clown (U)
R. Charlotte Lorenz und Jakob D’Aprile
ALTENBURG/GERA, THEATER
4. Böll, Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann
R....
KAPITEL 1: MEINE MUTTER – Teil 1
Also, das geht jetzt irgendwie los … ich versuch mal was …
Wenn meine Mutter ein Theaterstüük über unsere Familie schreiben würde, so wäre der Abend sehr kurz. Sie würde sagen: wir waren sehr glücklich, ich bin sehr stolz auf meine Kinder, sie sind beide sehr erfolgreich, sie haben alles bekommen, was sie wollten, ich habe gut für...
Sivan Ben Yishai Ich habe die Redaktion gefragt, ob es in Ordnung wäre, dieses Interview in schriftlicher Form zu führen. Viele reden gerade. Viele schnelle Äußerungen, hastige Worte. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich lieber geschwiegen. Ist es aber nicht. Diese Tage bringen eine Hoffnungslosigkeit mit sich, wie ich sie bislang nicht kannte.
Theater heute Wi...