Deutsches Nationalgericht

Friedrich Hebbel «Die Nibelungen» (Deutsches Theater)

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So wollte man die teutschen Recken immer schon mal sehen: Filzige Gestalten mit langen ungewaschenen Haaren, die tumb in feuchten Wäldern oder untermöblierten Burgen hausen und sich in der Erfrischungspause hinterrücks den Speer ins Kreuz bohren. Held Siegfried (Peter Moltzen) streckt den Bierbauch vor und fällt durch üble Angeberei und eine penetrante Lache auf. König Gunter (Ingo Hülsmann) langweilt sich gähnend und kaut auf seinen Sätzen wie auf zähem Fleisch. Hagen Tronje (Sven Lehmann) grinst verschlagen und schleicht gebückt zur Intrige.

Jedenfalls macht keiner ein großes Geheimnis aus seiner Mörderseele. 

 

Die Damen sehen etwas freundlicher drein, haben aber auch nur eins im Sinn: Wer zuerst in den Wormser Dom einschreiten darf. Die bieder unterspannte Blondine Kriemhild (Maren Eggert) oder die exaltierte Kraft-Brünette Brunhild (Natali Seelig)? Auch sie geben ihr Äußerlichstes. Zur Hochzeit gibt’s eine Bierdusche, und sobald die schmutzige Wäsche öffentlich gewaschen ist, beginnt zielstrebig die Ehrenmord­serie. Unter Vordenker Hagen schreitet man streng monokausal, autoritätsfixiert und erzkonsequent in den wohlverdienten Untergang. 

 

Olaf Altmann hat dafür eine ...

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Theater heute Mai 2010
Rubrik: Chronik, Seite 48
von Franz Wille

Vergriffen
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