Der wüste Sturm
Was weiß Elfriede Jelinek eigentlich vom Irak-Krieg? Oder von Abu Ghraib? Oder Bagdad? Jemals dort gewesen? Bisschen recherchiert? Einen kleinen Wüstenhauch Realität gespürt, als embedded dramatist vielleicht? Oder auch nur in Fernseher, Internet und Zeitungen gestarrt, die Berichte, Reportagen und Analysen der umgehend angereisten Edelfedern gelesen sowie manches andere, was man aus den Medien so erfahren kann? Wahrscheinlich weiß Elfriede Jelinek das meiste über den Irakkrieg, was man von Wien und München aus wissen kann. Also alles. Also gar nichts. Aber das umfassend.
Danach ist mehr als genug gesagt, und nichts erhellt. Wer nach den über 250 sturzbachartigen Monolog-Seiten von «Bambiland», der Kriegs-Mitschrift, und «Babel», dem Nachkriegs-Traumaprotokoll, noch einen klaren Gedanken fassen kann, hat nicht genau gelesen. Der wüste Sturm aus Gedankenketten und Medienfetzen, Theoriebruchstücken und Sprachspieltrieb, ächzenden Kalauern neben erlesenem Formulierungsfeinschliff, vorangespült von einem hemmungslos mitteilsamen Hausfrauentratschton, überschwallt nach mehreren Lesestunden mühelos jede verbleibende Resthirntätigkeit. Mit einer zauberhaften, nervtötenden Leichtigkeit ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Alte Wunden eitern länger. Vor allem, wenn sie aus der Kindheit stammen. Wenn sie der Bruder, die Schwester gerissen hat, wenn sie einfach nicht heilen wollen, weil immer wieder jemand kommt und nicht vergisst und daran kratzen muss, an dieser dünnen Kruste, an diesen blutigen Flecken in der Erinnerung. So geht es den Geschwistern in Daniel Mursas...
Früher war alles besser. Die Luft frischer, die Zigaretten billiger, und auch die Liebe war noch nicht eine Ansammlung gescheiterter Versuche, sondern die Liebe eben. Das gilt allerdings nur, solange dieses «früher» auch «früher» bleibt. Steht es jedoch eines Tages leibhaftig vor der Tür und tut so, als wäre es gerade mal eine halbe Stunde her, seit man sich zum...
Symbolischer kann ein Ort nicht sein: Die Trennung von Okzident und Orient und der Versuch, sie zu überwinden, materialisiert sich kaum irgendwo einleuchtender als in der Galata-Brücke, die sich in Istanbul über das Goldene Horn spannt und das alte Istanbul mit den neuen, europäischen Stadtteilen Galata und Beyoglu verbindet. Die Brücke, die dort seit 1912 stand...