Der Sündenfall des Mehr-als-nötig
Das Märchen «Vom Fischer und seiner Frau» (Einar Schleef nach Philipp Otto Runge) ist ein doppeltes Lehrstück. Erste Lehre: Wie sich die Frau immer mehr wünscht und am Ende alles wieder verliert. Also: Maßlosigkeit lohnt sich nicht. Zweite Lehre: Wie der Fischer von Anfang an gegen das Wünschen war, aber jedesmal erneut loszieht und die Wünsche überbringt. «Manntje, Manntje, Timpe Te / Buttje, Buttje in der See / meine Frau, die Ilsebill, / will nicht so, wie ich wohl will.
» Weder Haus noch Schloss, Königs- noch Kaiserwürde machen die Frau glücklich, sie will Papst sein und schließlich Gott. Absurde Wünsche, deren Stellvertretercharakter offenbar ist, aber der Fischer geht lieber zum Butt, als sich mit seiner Frau auseinanderzusetzen. «Du bist nur mein Mann», schreit sie immer wieder, was er als Argument versteht. Tatsächlich ist es eine Bitte, eine Beschwörung. Also: Wenn jemand unsinnige Dinge von einem verlangt, sollte man sich fragen, ob man ihm nicht etwas Sinnvolles verweigert.
Günter Grass verarbeitete den Stoff in den Siebzigern zu seinem Epos «Der Butt», ungefähr zur gleichen Zeit machte Einar Schleef ein knappes Kinderstück daraus. Wohlstandssorgenbewältigung West und ...
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