Der Krieg der Komiker

Christoph Marthaler entkernt in Basel Offenbachs Operette «La Grande-Duchesse de Gérolstein» bis in ihr Schweizer Zentrum

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Die Vorgeschichte ging vermutlich so: Das Großherzogtum Gerolstein hätte mit seinen 150 Einwohnern ruhig leben können, plötzlich waren es aber 200, und die Lage wurde gefährlich. Ein Feind zeigte sich, der vermutlich in der Lage war, das Großreich mit 100 Mann zu umzingeln. Die versammelten Napoleons im Regierungsgebäude beschlossen Kampfhand­lungen, man zog die verfügbaren Männer ein, es entstand eine richtige Armee, die auf einem größeren Salonteppich Platz fand. Der General beschwerte die Ecken seines Strategiepapiers mit vier Glas Sekt.

Die Lage war verzweifelt, aber nicht ernst, ernst, aber nicht partyfrei. Wir stehen – wenn sie denn überhaupt anfängt – am Anfang von Jacques Offenbachs Operette «Die Großherzogin von Gérolstein».
 

Gezirkelt torkeln

Während das Großherzogtum sich auf den Krieg vorbereitet, fallen bereits die ersten Schüsse im wahren Kampf des Abends: Offenbach gegen Marthaler. Ersterer ein Abendmotto, geschwungen wie ein Laken von einem offenbach höchst, Verzeihung, offenbar höchst angeregten Marthaler, der beim Aufgehen des Vorhangs den Präparationsmangel auftreten lässt. Bühne frei für – in der Tat ist die Bühne ganz leer, noch niemand da. Ein Einsamer auf der ...

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Theater heute Februar 2010
Rubrik: Aufführungen, Seite 34
von Jürg Laederach

Vergriffen
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