Der Kampf um die Liebe
Troilus und Cressida stehen Romeo und Julia in vielem nach, nicht nur, was ihren Popularitätsgrad anbelangt, sondern auch im Extremismus ihres Gefühls. Wo das trojanische Paar zaudert und zögert, weil Cressida für sich erkannt hat: «Begehrt wird die nur, die sich ziert», stürzen sich die beiden jungen Veroneser mit haltloser Unbedingtheit in ihre Liebe, die sie wie ein Blitzschlag trifft.
Zwar ereilt beide Shakespeare-Paare dasselbe Schicksal: dass ihre Beziehung vom Krieg verhindert wird (hier dem Trojanischen – dort dem Clinch der Familienclans) und ihre erste Liebesnacht auch schon die letzte ist.
Doch nie, unter keinen Umständen, würde sich Julia derart folgsam in die politischen Gegebenheiten fügen wie Cressida, die im Austausch gegen einen Gefangenen an die Griechen ausgeliefert wird, weil ihr Vater, der zu den Griechen übergelaufene Priester Kalchas, dies so arrangiert. Dass sie sich dort, im gegnerischen Lager, mit Diomedes einlässt, halb unter Zwang, halb aus realpolitischem Frust und – das ist eine Frage der Interpretation – ein bisschen wohl auch aus Liederlichkeit, wäre für Julia der allerschlimmste Liebesverrat. Lieber sterben und tragisch untergehen, als sich ...
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