Der Hass der Haut auf das Vitriol
Vielleicht erklärt die alte Cécile aus «Quai West» an diesem langen, dunklen Abend am besten, was Andrea Breth mit ihrer Inszenierung ausdrücken wollte. Sie fühle sich, sagt die Nachfahrin von Inka-Indianern, «wie eine Fliege, die im Schrank eingesperrt ist und am Ende des Tages stirbt, ohne dass der Schrank auch nur einen Spaltbreit aufgegangen wäre».
Aus Mexiko eingewandert, haust Cécile mit Mann, Sohn und Tochter ohne Wasser und Strom in einem leeren Lagerhaus am alten, aufgegebenen Hafen von New York.
Am Ende, nachdem sie ein paar mythische Verfluchungen in ihrem Quechua-Dialekt ausgestoßen hat, haucht sie ihr Leben aus. Allerdings gestattet ihr der Dichter Bernard-Marie Koltès zuletzt noch den Anblick von Licht. «Cécile betrachtet die Sonne, die Sonne fällt herunter», heißt die mythensatte Szenenanweisung.
Gestrichen: die Sonne
Der Burgschauspielerin Elisabeth Orth, mit lackschwarzem, tadellos frisiertem Haarhelm, muss ihre dunkel grollende Quechua-Arie (Sprachtraining: Angel Huanco) ebenso wie ihr Ende im Finstern absolvieren. Die Sonne hat die sonst so werkgetreue Regisseurin gestrichen, nicht nur an dieser Stelle. Während Koltès die Handlung, seiner Kinofantasie ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Das Verlässliche an der Habsucht ist, dass sie sich nicht therapieren lässt. Schon gar nicht von ein paar Bankenpleiten. Im Gegenteil. So ein globaler Finanzkrach wirkt erfrischender als Heilfasten: Das Portfolio wird entschlackt von allem, was da so vor sich hin fault. Hinterher fühlt sich die Habsucht wie neu geboren, der Kurssturz von gestern ist der...
Es geschieht nicht allzu oft im Leben eines halbwegs gebildeten Mittelstandsdeutschen, dass sich seine atavistischen Jagdinstinkte unkontrolliert Bahn brechen. Das Ende des vierten Schuljahrs der Kinder ist so ein Datum. Wenn die Entscheidung für oder gegen die höhere Schullaufbahn ansteht und der Notendurchschnitt nicht stimmt, werfen sich Väter und Mütter...
Ganz schön abgezockt: Da gewinnt ein Jungautor gleich mit seinem Debüt den Werkauftrag des Theatertreffen-Stückemarktes – und dann lässt er in eben diesem Auftragsstück einen Jungautoren, dessen Biografie an seine eigene erinnert, ausgiebig über das kreativitätsfeindliche Stückauftragswesen jammern.
Zunächst scheint es um die Unsinnigkeiten eines Theatermarktes zu...