Der gefallene Engel

Zum Tod von Helmut Berger, der sich in vielen Gesellschaften (un)wohl fühlte

Theater heute - Logo

Mit Helmut Berger, der nur kurz vor seinem 79. Geburtstag in Salzburg gestorben ist, hatte ich vor etlichen Jahren einmal einen Abend und eine halbe Nacht verbracht. Nicht allein. Vielmehr mit einer unverhofften, alsbald unheimlichen Gesellschaft – im Schatten, im Zwielicht der italienischen Mafia. Davon später noch. Merkwürdig. Man stellt sich den einstigen Weltkinostar Helmut Berger in der Erinnerung eher als Theaterfigur vor. Eine zwischen Schmiere und Tragödie, zwischen furiosem Drama und schierem Klamottentand.

Tatsächlich hatte er etwas in jedem Sinn Theatralisches und war wohl auch im Leben ein dauernder Performer.

Wenn Berger nicht zu betrunken oder vollgekokst war, trat er gerne als scheinbar gelangweilter Komödiant auf, der im zunehmenden Alter selbst seine immense Eitelkeit mit nölend blasiertem, das Deutsch-Österreichische mit Englisch, Italienisch, Französisch mixendem Ton in jederzeit unberechenbaren Volten auch selbst karikierte. So hat er als Gast der «Harald-Schmidt-Show», die ja immer ein Fernsehtheater war, den sonst kaum erschütterbaren Dirty Harry einmal in wenigen Minuten glatt an die Wand gespielt. Wie ein Bühnentier, denkt man.

Umso überraschender, dass ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juli 2023
Rubrik: Nachruf, Seite 56
von Peter von Becker

Weitere Beiträge
Unglückliche Unsympathen

Der Kulturjournalist ist frustriert. Eigentlich ist Jostein nämlich Polizei -reporter, nun wurde er abgeschoben – zu «Kunst und Kultur». Da muss er jetzt von der Umwandlung eines Schwimmbades in ein Kulturzentrum berichten, und was sieht er da? «Experimentelles Theater», spuckt er voller Verachtung aus. Samuel Weiss spielt diesen Jostein an der Grenze zur...

Hauptrolle Puppe

Die Grenzen sind fließend. Nichts ist im Figuren- und Objekttheater unmöglich, so ziemlich alles ist erlaubt. Wer meint, die gute (oder böse) alte Puppe sei gänzlich aus der Mode gekommen oder ins biedere Marionettentheater verbannt, der hat nie Karl Marx auf der Bühne gesehen, wie ihn Suse Wächter mit seinem eigenen Geist und den Widersprüchen seiner Theorien...

Viele Welten im Gepäck

Als machtlose Seherin, eine dunkle Mischung aus Melania Trump, Kassandra und Elfriede Jelinek, schritt sie 2017 barfuß und in wehenden Gewändern durch dekadente gol -dene Fransen in Philipp Preuss’ Inszenierung von «König Ubu/Am Königsweg». Ungehört fabulierend, mal fast unscheinbar durchsichtig, mal wütend bellend, mal tänzerisch-ätherisch. Als zerzauste Clownin...