Das Steampunkdisneyland an der Ruhr
In den drei Jahren seiner Intendanz hat Heiner Goebbels zwar auch vieles bei der RuhrTriennale zugelassen, ja gefördert, das nicht direkt in die Kategorie «Musiktheater» gehört; aber die große Konstante seiner Ära sind Versuche, auf der kleinsten und alternativsten wie der größten und aufwändigsten Ebene Musiktheater für die Gegenwart zu fassen.
Jedes Mal stand ein rar gewordener, schwer aufführbarer, aber doch schon semiklassischer Tanker im Mittelpunkt (John Cages «Europeras», Harry Partchs «Delusion of the Fury» und in diesem Jahr «De Materie» von Louis Andriessen), denen gemeinsam ist, dass sie seinerzeit künftigen Generationen Hausaufgaben aufgegeben haben, deren Bewältigung diese immer noch nicht in Angriff genommen haben. Darum herum kommen aus den Bereichen Tanz, Pop-Musik und Bildende Kunst Entwürfe zum Tragen, die wie etwa dieses Jahr Matthew Barneys sechsstündiger Körperflüssigkeiten-Autoindustrie-Performance-Monumentalfilm «River of Fundament» schon aus technischen Gründen Ausnahmestatus haben. Dieser Ausnahmestatus korrespondiert mit den notorisch nicht standardisierbaren Spielstätten, den musealisierten und aufwändig hergerichteten gewaltigen Zechen, Maschinenhallen ...
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Theater heute Oktober 2014
Rubrik: Festivals/Aufführungen, Seite 6
von Diederich Diedrichsen
Auf dem Titel des zahlenstärksten Theaterbuchs der Saison prangt schon seit Jahren eine weiße Statisitikkurve vor rotem Grund, die steil nach oben weist. Erst beim genaueren Hinsehen erkennt man, dass die Fotovorlage um 45 Grad gedreht ist und die Kurve an ihrem obersten Punkt eigentlich gerade abfällt. Was die gerade veröffentlichte «Theaterstatistik 2012/13» des...
«Nichts», tönt Nadine Geyersbachs Stimme aus einem Ding, irgendwo zwischen Sitzsack, Fruchtblase und riesigem Marshmallow. «Nichts … ist aussichtsloser zu schildern als Leere. Nichts schwerer zu veranschaulichen als Monotonie.» Eine Welterschaffung: Anne Sophie Domenz hat ihrer Inszenierung von Schillers «Maria Stuart» am Theater Bremen eine Textcollage...
Der Kolonialismus ist auch nicht mehr das, was er mal war. Anno 1899 waren die Verhältnisse noch erfreulich übersichtlich. Joseph Conrad schrieb sein «Herz der Finsternis», und Kapitän Marlow schipperte im Auftrag einer belgischen sogenannten Handelsgesellschaft den Kongo hinauf auf der Suche nach einem Elfenbeinagenten, der dort ein finsteres Schreckensregime...