Das Recht des Schwächeren

Ayse Güvendiren «Die Geschichte von Goliat und David» (U) in den Kammerspielen München

Theater heute - Logo

Verhörraum oder Orakel? – An beides denkt man bei der seltsamen achteckigen Zelle, die Theresa Scheitzenhammer für Ayse Güvendirens jüngste Regiearbeit in den Werkraum gestellt hat, mit einem Boden aus Luftschachtgitter und vier Wandteilen, die auch als Projektionsfläche dienen, darüber ein Fries mit rot leuchtender Handschrift, die mal «sagen sie» und mal «sag nie» lesen lässt.

Vier Spieler:innen, eine Frau, Safak Sengül, und drei Männer, Sebastian Brandes, Servan Durmaz und der Musiker Mikaîl Ezîz, sind von Anfang an auf der Bühne als abwechselnd Singende, Sprechende und Beobachtende. In olivgrünen Unisex-Anzügen, die einerseits polizeilich, andererseits seidig elegant anmuten, und mit puppenhaft geschminkten Gesichtern begleiten sie die Reise in ein unwegsames Niemandsland zwischen Trauma, biblischem Mythos, türkisch-kurdischem Konflikt und einem dunklen Kapitel deutscher Migrationsgeschichte.

Mit ihrer Abschlussinszenierung «R-Faktor. Das Unfassbare» an der Otto-Falckenberg-Schule, einer hochbrisanten Recherche über Rassismuserfahrungen im Kulturbetrieb, machte Ayse Güvendiren 2021 Furore und gewann den Wettbewerb des Körber Studios Junge Regie. Und das Rassismusthema in ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juni 2023
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Silvia Stammen

Weitere Beiträge
Berufsstand in Gefahr

Theater heute Die Akademie der Künste hat kürzlich in einem Offenen Brief dringend für den Erhalt des Hörspiels in den öffentlichen Rundfunkanstalten plädiert. Was ist da los, warum ist das Hörspiel als solches in Gefahr?
Kathrin Röggla Es beginnt damit, dass der neue Vorsitzende der ARD Kai Gniffke vier Zentralisierungsvorhaben angekündigt hat, und zwar im...

Jetzt aber schnell die Teletubbies!

Lana del Rey erschießt einen Polizisten; im Keller philosophiert ein Gurkenglas; das überhitzte Anthropozän endet, weil sich die Menschen in Stühle, Blumen oder Goldfische verwandeln; und zum vermutlich ersten Mal in der Theatergeschichte wird beim Festival «News Stages South East» eine Liebeserklärung in Binärcode vorgetragen. Diese beginnt mit «01001001», dauert...

Entfesselt

Der Wiener Schauspieler und Komödienautor Ferdinand Raimund (1790–1836) war Nestroys melancholischer Bruder. Von seinen acht Stücken sind drei mehr oder weniger im Repertoire geblieben, vor allem «Der Alpenkönig und der Menschenfeind» mit seiner psychoanalytisch angelegten Dramaturgie wird dann und wann aus der Schublade geholt. Die übrigen Raimund-Dramen aber sind...