Das Leiden der anderen
Vor ein paar Wochen hatten wir die Leseprobe eines Stücks, dessen Probenstart für November angesetzt war. Der künftige Regisseur saß dabei mit seiner künftigen Besetzung, dem Übersetzer, der Dramaturgie und der Intendantin. So werden oft künstlerische Entscheidungen bei uns in Tel Aviv getroffen. In diesem Fall schienen sich alle anwesenden Kollegen in das Stück verliebt zu haben. Ein anderes Stück desselben amerikanischen Autors war schon auf einer anderen Bühne in Tel Aviv ein großer Hit gewesen.
Und auch dieses hatte Potenzial: Die drei besten Freundinnen eines schüchternen jungen Angestellten einer New Yorker PR-Agentur heiraten nacheinander, während er Schwierigkeiten hat, mit seinem Traummann auch nur zu flirten. Als seine engste Seelenfreundin, die letzte der drei, ihre Hochzeit ankündigt, hält er es nicht mehr aus, romantisch ewig zurückzustehen, und teilt ihr mit, dass er nicht zur Party kommt. Das beleidigt sie zutiefst, und der Konflikt zwischen Seelenfreundschaft und Ehepflicht – der Bräutigam ist übrigens ein ärgerlicher Dummkopf im Vergleich zum klugen und redlichen Protagonisten – ist wirklich toll und bewegend geschrieben.
Insgesamt eine bitter-süße Alltagskomödie ...
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Theater heute Jahrbuch 2024
Rubrik: Streitstoffe, Seite 62
von Avishai Milstein
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Es gibt Tage, an denen man einfach annimmt, dass alles wie gewohnt verlaufen wird. Niemand rechnet damit, dass etwas Unvorherge -sehenes passiert. Ende April machte ich mich morgens auf den Weg zum Theater, fest entschlossen, den Tag positiv zu verbringen. Ich war mir sicher, dass es noch regnen, vielleicht sogar gewittern würde – aber erst einmal schien die Sonne....