Boulevard in die Dunkelheit
Hier wird man noch mit Handschlag begrüßt. Rainer Frank heißt das hereinströmende Publikum einzeln willkommen, hier ein Händeschütteln, da ein aufmunterndes Augenzwinkern, später geht er durch die Reihen: «Wem habe ich noch nicht die Hand gegeben?» Er präsentiert joviales Strahlen mit dem Appeal eines Thomas Gottschalk auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Das grenzt an Karikatur, und das soll es auch in diesem «Timon von Athen» in der Kammer 1 in Magdeburg, in dem Frank die Titelfigur des feierlustigen Lebemanns gibt.
Inszeniert hat ihn Andreas Kriegenburg, der nach langen Jahren wieder in seine Heimatstadt zurückkehrt, wo er als Bühnentechniker in den 1980ern zum Theater kam, und dabei eben jenes nicht ganz so häufig erzählte Shakespeare-Stück im Gepäck hat.
Timon ist ein reicher Adliger, der über seine Verhältnisse lebt, weil er seinen Wohlstand in teuren Festen und Geschenken verprasst. Als er selbst Unterstützung benötigt, wird er verstoßen und zieht sich grollend und auf Rache sinnend in den Wald zurück. Frank gibt diesen Timon von Magdeburg zunächst flott, oberflächlich und naiv. Um ihn herum schwirrt im rot aus -geschlagenen Bühnenraum das Ensemble des Magdeburger ...
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Theater heute Oktober 2024
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Torben Ibs
MULTIPERSPEKTIVISCH erschien uns immer als ein schönes Antrags- und Programmheftwort. Ein Glasprisma, in dem sich das eintönige weiße Licht in all die bunten Farben des Regenbogens bricht. Bis uns auf einem multiperspektivischen Festival eine nationale Feministin aus dem Mädelring Thüringen begegnete. Spontane Reak -tion: alle Farben außer Braun! Dann kam eine...
So ist das also mit der AfD in den besserverdienenden Kreisen: Man ist ein erfolgreicher, wenn auch zwielichtiger Rechtsanwalt, der schon als Jugendlicher keine Ausländer mochte, weil sich der gefühlskalte Vater nach dem Tod der Mutter eine Thailänderin ins Haus geholt hat. Später fühlt man sich dann in der coolen Kanzlei zurückgesetzt, weil eine Frau und zwei...
Also! Wir gehen? – Gehen wir!» Sie gehen nicht von der Stelle. So endet Samuel Becketts «Warten auf Godot». Sie sind doch gegangen in Bochum, in Ulrich Rasches Inszenierung, und wie! Fast vier Stunden lang schleichen Vladimir und Estragon auf den unmerklich die Richtung wechselnden Drehscheiben dahin. Ja, sie kommen nicht von der Stelle. Und dass sie dennoch gehen,...