Bombenstücke
Die deutsche Dramatik hat die Bombe. Sie wird am Flughafen deponiert, sprengt den Stuttgarter Hauptbahnhof in die Luft, ebnet ganze Städte ein, verwüstet Länder, und wenn sie zu weit entfernt von Europa explodiert, dann grüßt ihr Feuerschein wenigstens im Fernseh-Bild, ihr fetter Sound untermalt professionelle Betroffenheit. In zahlreichen neuen Stücken, die in den letzten Monaten zur Uraufführung kamen, wirkte der große Knall als Metapher für die Gegenwart.
Mal ironisch, mal zynisch, dann wieder realistisch oder fantastisch eingesetzt wird die reale oder erwartete Explosion zum Ankläger einer Zeit, die angeblich aus den Fugen geraten ist.
Nun ist keines dieser Stücke zum Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikerpreis eingeladen worden, obwohl der Hang zum Drastischen ganz offensichtlich eine virulente Zeiterscheinung ist. Dazu gibt es zwar keine Begründung des Auswahlgremiums, aber doch eine Menge Indizien, warum gute Dramatik sich eben doch besser in der Verweigerung des Knalleffekts entwickelt. Das heißt nicht, dass es keine drastischen Erfahrungen gibt, über die es sich lohnt, Stücke zu schreiben. Missbrauch, Emigrantenschicksale, Armut und ungeklärte Todesursachen sind Themen, die ...
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Das Leben ist wie ein Buster-Keaton-Film: brutal, todtraurig, verlogen, verzweifelt und komisch. Siegfried Kracauer sagte einst über diesen kleinen, schmalen Mann mit dem stoischen Gesichtsausdruck, er habe seine Beziehung zum Le-ben verloren. «Die vielen Gegenstände: Apparate, Baumstämme und Menschenkörper veranstalten ein Kesseltreiben mit ihm, er kennt sich...
Es hätte die Saison der Aufbrüche und Neuanfänge werden können! Das gigantische Bäumchen-wechsel-dich-Spiel, das zu Beginn der laufenden Spielzeit zwischen Hamburg und Berlin, Wien und Zürich, Hannover und Dresden, Frankfurt und wieder Hamburg über die Grenzen hinweg inszeniert wurde, sorgte für ordentlich Wind und schürte große Erwartungen. Auch im Auswahlgremium...
Franz Wille Wie lange hat denn diesmal die letzte Jury-Sitzung gedauert?
Christoper Schmidt Circa sechs Stunden. Wir haben etwas später angefangen, weil drei Juroren am Abend davor noch in einer Vorstellung in Essen waren und der Zug wieder mal Verspätung hatte.
FW In diesem Jahr hat in den letzten Wochen eine besonders heftige Reiseaktivität eingesetzt.
Schmidt...