Berlin: Heinerlei

Fritz Kater «heiner 1–4» (U)

Das Berliner Ensemble hat Heiner Müller ein sehr besonderes Geschenk zum 90. Geburtstag gewidmet. Die Torte wurde bei Fritz Kater bestellt, und sie hat vier Portionen. In der ersten betrachtet ein – junges? – Nachgeborenen-Paar Fotos aus Müllers letzten beiden Lebensjahren mit seiner jungen Frau Brigitte Maria Mayer und macht sich einfühlsame Gedanken, ob sie beispielsweise gerade Sex gehabt haben.

Im zweiten Teil werden knackige Interview-Weisheiten aus Müllers letzten Jahren zusammengeschnitten, als der zigarrenumschwelte Schwarzdenker zwar keine Stücke mehr geschrieben hat, aber umso mehr Gespräche mit Journalisten führte. Der dritte Teil wiederum führt in das Direktionsbüro des Berliner Ensembles unter Müllers Intendanz, als sein letztes Stück-Fragment «Germania 3» vor der Uraufführung stand. Es wird bevölkert von einer munter-debilen Knallchargen-Runde um Geschäftsführer Sauerbier mit Kurzauftritten u.a. von Martin Wuttke. Zu vierterletzt kriecht Fritz Kater in die Hirnwindungen von Heiner Müller in einem Abschiedsmonolog zwischen Traum, Bilanz und Flucht. Tote können sich nicht wehren. 

Glücklicherweise hat Katers «heiner 1–4» in Lars-Ole Walburg einen aufgeräumt skeptischen ...

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Theater heute März 2019
Rubrik: Chronik, Seite 53
von Franz Wille

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