Baden-Baden: Trennung à la Reza

Joanna Murray-Smith «Nur drei Worte» (DSE)

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Da haben sich Theater und Autorin gefunden: Zum dritten Mal seit 2016 kommt in Baden-Baden ein Stück der Australierin Joanna Murray-Smith auf die Bühne, und nach dem Nachspielen von «Zorn» und der deutschen Erstaufführung von «Switzerland» ist es diesmal sogar eine deutschsprachige Erstaufführung.

Dabei hätte «Nur drei Worte» (uraufgeführt 2017 in Melbour­ne) durchaus das Zeug zum Großstadterfolg, wird hier doch das bewährte Yasmina-Reza-Setting des gehobenen Mittelschicht-Kleinkriegs mit einem neuen Dreh durchgespielt: Zwei gut befreundete Paare mittleren Alters sehen ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt, weil eines dieser Paare dem anderen wie aus heiterem Him­mel die drei titelgebenden Worte mitteilt: «Wir trennen uns.»

Mit dem Ehe-Aus von Curtis und Tess platzt auch die Blase des Wohlfühl-Daseins ihrer besten Freundinnen Bonnie und Annie: Was soll aus dem bislang unzertrennlichen Quartett werden, wenn sich eine Hälfte davon trennt? Und was wird aus dem bereits gemeinsam gebuchten Urlaub in Bhutan? «Vielleicht könnten wir sogar beide mitkommen, nur ... als Indivi­duen, nicht als ‹Einheit›», versucht Curtis die Wogen zu glätten – ein mindestens doppelbödiger Satz, legt er ...

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Theater heute Mai 2019
Rubrik: Chronik, Seite 63
von Andreas Jüttner

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