Alte Bekannte, frische Geschichte, neue Version
Eine Leiche im Keller belebt jedes Drama. Und wenn das Stück unbeerdigte Vergangenheit da unten auch noch von historischer Verstrickung erzählt, dann braucht man sich um die exemplarische Bedeutsamkeit fast schon keine Sorgen mehr zu machen. Fast. Denn nicht alle Vergangenheiten sind gleich, und die jüngste ist nicht immer die explosivste. Jedenfalls nicht im Frankreich von heute.
Glücklicherweise ist Joël Jouanneaus neues Stück «Mère et fils», das von Traumata aus der Vichyzeit handelt, ist auch Yves Pagès’ findige Geschichtscollage «Labo Lubbe», in der es um den Reichstagsbrandstifter Marinus van der Lubbe geht, in sich eigenartig genug, um das Interesse auch ohne das Element Vergangenheitsbewältigung zu fesseln, denn im allgemeinen französischen Erinnerungsbetrieb haben die Nazi- und die Vichyzeit gegenwärtig schwache Konjunktur.
Vor den alten Zeiten rangieren auf einmal die ganz alten Zeiten. Gespenster aus dem tiefsten neunzehnten Jahrundert dominieren den öffentlichen Diskurs. Kolonialismus, wie der Aufstand in den Banlieues und die sehr divergierenden Stellungnahmen dazu gezeigt haben, ist ein Gift mit Langzeitwirkung, was man spätestens dann bemerken musste, als die Debatte ...
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