Mehr geht eigentlich nicht

Wie Samuel Finzi und Wolfram Koch aus der Inszenierung des Jahres «Die Perser» eine Free Jazz Session machen

Theater heute - Logo

Eines Tages wird jeder denken, was er gerade denken will», hat Andy Warhol einst gedroht, «und dann werden wahrscheinlich alle dasselbe denken.» Betrachtet man die politischen Lockerungsübungen, die Samuel Finzi und Wolfram Koch zum Auftakt von Dimiter Gotscheffs «Perser»-Inszenierung absolvieren, beschleicht einen der Verdacht, der Zustand sei längst eingetreten: identische Krawatten, identisches Grinsen beim Schulterschluss, deckungsgleiche Choreografie beim Abtritt von der Wahlkampftribüne.


 

Irgendwann stehen die diplomatischen Clowns an der Rampe und lachen sich tot; wahrscheinlich über den gemeinsam hintergangenen Souverän oder einen international kompatiblen Blondinenwitz. Immerhin aber offenbaren sich im lachbegleitenden Schulterbeben endlich fundamentale Differenzen: Der Würdenträger, den Samuel Finzi genüsslich vorführt, laboriert eindeutig an Geschmeidigkeitsdefiziten im oberen Rückenbereich. Klassischer Fall von Underdog-Verkrampfung: Den wollte schon in der Grundschule niemand in der Fußballmannschaft haben. Wenn da jetzt überhaupt was läuft in der Nackengegend, handelt es sich einzig und allein um das Arbeitsergebnis von Yoga-Cracks und fähigen PR-Beratern.
 

Ganz ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2007
Rubrik: Die Inszenierung des Jahres, Seite 106
von Christine Wahl

Vergriffen
Weitere Beiträge
Geist, Geld und Gagen

Die Steuerquellen sprudeln wieder, und der Finanzminister ist kein armer Mann mehr. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, im Kulturbereich wieder umzusteuern. Nach über zehn Jahren des Sparens, Konsolidierens, Deckelns und Effizienzsteigerns besteht an den Öffentlichen Bühnen mehr als Nachholbedarf.

Eine Reportage von Franz Wille über das Quotendenken an den...

Kategorie Mittelstand

Zum Schluss plant einer sein Verschwinden. Er wird keine Spuren hinterlassen, keine Geschichte schreiben, sich unsichtbar machen. Niemand wird ihn vermissen, niemand wird nach ihm fragen, da er längst ausgeschieden ist aus dem System, das die Gesellschaft zusammenhält, aus den wirtschaftlichen und sozialen Zusam­menhängen, die sie definieren.

Natürlich kennen wir...

Apokalypse kann so lustvoll sein

Gerade ist Dimiter Gotscheff noch einmal aufgestanden, um sich den vierten Whiskey zu holen. Wahrscheinlich ist heute wirklich nicht sein Tag. Schon nach dem zweiten Schnaps hat der lichtscheue Bulgare gestöhnt: «Es ist Montag, ich bin unvorbereitet, von mir kriegen Sie nicht mehr! Nehmen Sie es wörtlich. Ich kann über meine Arbeit nicht reden, ich kann nur brüllen...