Voll auf die Zwölf
Ein letztes Mal noch wird Alexander Scheer auf den Brettern stehen, die für ihn nie die Welt bedeutet haben. Dann ist Schluss. Im Herbst gibt er sein Debüt an der Wiener Burg. Stefan Pucher wird Regie führen, Wolfram Koch den Antonius, Catrin Striebeck die Cleopatra spielen, und er selbst keinen Geringeren als Julius Cäsar. «Dann reicht’s wirklich!» Scheer weiß, dass seine Abschiedsbekundungen nicht sonderlich überzeugend klingen – schließlich hat er sie schon oft über den Haufen geworfen.
Doch hier im «Mauersegler» auf der ehemals deutsch-deutschen Grenze zwischen Wedding und Prenzlauer Berg kommt die «Nie wieder!»-Geste aus vollem Herzen.
An lauen Sommerabenden kifft im angrenzenden Park das hedonistische Jungvolk, sonntags trifft es sich hier zum Flohmarkt, und Scheer passt mit seinem geblümten 70er-Jahre-Hemd und der riesigen Brille – Kassengestell ist gar kein Ausdruck – perfekt in das alternativ-kreative Szenario. Natürlich kennt er auch den Kneipier. Der hat ihm neulich seinen Transporter geborgt, um den alten Volksbühnenboden in den Keller zu verfrachten. Dort lagert er, bis Scheer mit dem «perfekten Holz» sein künftiges Tonstudio auskleiden wird. Er will nämlich Popstar ...
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10. November
Leseprobe. Die Schauspieler, die Gosch um sich versammelt hat, haben alle schon mit ihm gearbeitet. Sie sind dabei gut gefahren. Jeder von ihnen weiß um seine Krankheit. Er beginnt mit der Bitte, man möge ihn nicht an den Schultern berühren. Die Metastasen seines Tumors haben sich unter die rechte Schulter geschoben. Angela Schanelec hat das Stück neu...
Es gibt diese Filme, die starten mit dem Blick aus dem Weltall auf die Erde, eine blaue, sich im Unendlichen drehende Kugel. Dann beginnt die Kamerafahrt, und die Erde kommt näher, wir können Ozeane und Kontinente unterscheiden, als nächstes sieht das aus wie ein Google-Bild, wir nähern uns einem Land, einer Region, einer Stadt, einer Straße, einem Haus, und...
Ich habe nie zu den Schauspielern gehört, die auf der Bühne weinen können. Schon auf der Schauspielschule hat uns diese Fähigkeit knallhart in zwei Klassen eingeteilt: in die schauspielerische Oberschicht, den Adel, wenn nicht sogar den hochtalentierten, heulenden Hochadel, die, denen echte Tränen übers Gesicht rinnen, und in die anderen: das Fußvolk, das...