Ein Dolchstoss ins Herz der Provinz
Sie heißen Robert, Christoph, Matthias, Steffen oder Enrico. Im normalen Leben sitzen sie hinterm Schreibtisch im Amt und bearbeiten Akten oder schrauben in der Werkstatt Autos zusammen. Am Wochenende aber nennen sie sich Börti, Chrille, Matze, Pansen oder Roco.
Dann tragen sie schwarze Klamotten, ziehen gemeinsam im Pulk in Halle zum alten Kurt-Wabbel-Stadion, stellen sich in der Nordkurve auf, dicht am Zaun, breiten Fahnen aus, so groß wie halbe Fußballfelder, schlagen auf Trommeln, zelebrieren ihre Choreografien – und sind (verbal zumindest) schlimmstenfalls auch bereit zu sterben in dieser immer neuen Schlacht. Für den Verein.
Sie sagen vor dem Spiel «ihrer» (drittklassigen) Mannschaft HFC: «Deine Liebe wird zur Mission ... Ultra ist mehr als eine Subkultur. Ultra ist die Grundhaltung, die ich im Leben habe.
Alles baut darauf auf.» Und nach dem Match, das sich weniger auf dem Rasen als auf den Rängen zugetragen hat: «Am nächsten Morgen aufgewacht, merkte ich erstmal, was man mir angetan hat. Ich konnte mich vor Schmerzen kaum bewegen. Die Bullen hatten mich richtig zerlegt.»
Das Leben eines «Ultras», also eines fanatischen Fußballfans, gleicht einer La-Ola-Welle: Es ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
«Belebt den Markt! Gründet Unternehmen! Akkumuliert! Bereichert Euch!» – Was sich anhört wie die Schlagworte der neoliberalen Marktwirtschaft, sind die Slogans der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) Lenins. Sebastian Baumgartens Inszenierung bläut sie uns zu Beginn mit Hilfe eines aus historischem Filmmaterial Eisensteins zusammenmontierten Propagandafilms für die...
Zierlicher ist es, das neue Logo, mit dem Thalia-Intendant Joachim Lux die Litfaßsäulen Hamburgs schmücken ließ. Zierlicher, strenger und doch merkwürdig vertraut. Aus dem gemütlichen Thalia-Tempel Ulrich Khuons, über dem der Morgenstern aufging, ist mit denselben Stilmitteln ein Strichmännchen geworden, das jederzeit losmarschieren könnte: Kontinuität, Neubeginn...
Auch wenn es nicht immer danach aussieht, hat das Theaterkritikerleben durchaus seine angenehmen Seiten. Was bis dato allerdings wirklich nicht dazu gehörte, ist ein chronisch erhöhter mentaler Wellness-Faktor.
Mit meinem Eintritt in die Jury des Impulse-Festivals vor zwei Jahren hat sich das fundamental geändert. Während sich zum Beispiel das Auswahlgremium fürs...