Soap sur la pointe
Die Zeit ist ein sonderbar Ding, aber wenn man sie so plakativ bebildert wie im Münchner Nationaltheater, wirkt sie bloß banal. Sherelle Charge, auf dem Programmzettel als «berühmte Schauspielerin» ausgewiesen, treibt ihre Angst vor dem Alter auf die Spitze, und während sie sich sur la pointe nicht die geringste Unsicherheit gestattet, fällt Graeme Murphy nichts Besseres ein, als der vermeintlichen Marschallin einen Zerrspiegel vorzuhalten: als ob der Tanz als vergänglichste Kunst nicht genügte, das Zeitliche zu segnen.
Doch wo das Wort fehlt, muss auch ein Choreograf vom Schlage Murphys passen – und so pendeln die Uhren, als Video-Projektion eingespielt, und nicht die Beine der Tänzer.
So gesehen, ist das Ballett «Die silberne Rose» schon vom ersten Augenblick an zum Scheitern verurteilt. Anstatt den «Rosenkavalier» dem Tanz anzuverwandeln, übt der Choreograf erst einmal den Verzicht: auf die Musik von Richard Strauss und den Text von Hugo von Hofmannsthal. Beide sind nicht verfügbar. Doch der Rest ist nicht etwa Schweigen, sondern eine Soap-Opera, die Murphy aus optischen Gründen in die Entstehungszeit des Werks versetzt. Zentraler Ort des Geschehens ist zunächst einmal ein ...
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