Eine politische Affäre
Im Sommer 2019 prognostizierte Benjamin Millepied, Ex-Ballettchef der Pariser Oper, in einem Gespräch mit tanz: «Dieses Haus wird eher geschlossen, als einen Veränderungsprozess zu dulden.» (tanz 8-9/19) Ein Urteil aus berufenem Mund. Millepied war schließlich selbst an der Modernisierung der Kompanie – sprich: Diversifizierung, Enthierarchisierung, Öffnung des Repertoires – gescheitert und deshalb 2016 demissioniert.
Dann kam #MeToo, LGBTQ-Aktivisten mischten den Kunstsektor auf, Black Lives Matter verschaffte sich endlich Gehör (BLM). Seitdem ist nichts mehr, wie es war.
Die Ballettwelt steht vor der größten Herausforderung ihrer institutionalisierten Existenz. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer Umwertung zahlreicher bislang – stillschweigend oder offen – für sakrosankt erklärter Werte ist gewachsen. #MeToo und BLM haben den Boden dafür bereitet, dass sich Tänzer und Tänzerinnen aus dem Inneren der Apparate mit einem vernehmlichen «J’accuse» zu Wort melden. In Paris sah sich der neue Generaldirektor der Oper, Alexander Neef (siehe S. 22), im Herbst 2020 mit einem Manifest «De la question raciale à l’Opéra de Paris» konfrontiert, verfasst unter Beteiligung von Tänzern. Neef ...
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Tanz Februar 2021
Rubrik: Rassismus, Seite 36
von Dorion Weickmann
Deutschland
Augsburg
Theater Im Pay-per-View-Verfahren können orts- und zeitunabhängig Aufzeichnungen von Inszenierungen angesehen werden, auch das Ballett «Winterreise» von Ricardo Fernando zu Musik von Franz Schubert (tanz 12/20): www.staatstheater-augsburg.de/mediathek
Berlin
Haus der Berliner Festspiele In «INFINI 1–17» erforscht der belgische Szenograf Jozef...
Giselle, da steht sie, bildschön, vor dem Vorhang, Grabblumen zu Füßen, ein trauernder Albrecht spielt die Klarinette. Ihr Gesicht glänzt wachsweich. Ihren Kopf hält sie nach hinten gebeugt, den Mund leicht geöffnet. Ein weißes Laken spannt sich über ihren atemlosen Körper. Eine Puppe, eine Schaufensterpuppe, das denken alle im modernen Bau der Teatros del Canal in...
Die Demokratische Republik Kongo ist eines jener Länder, die wie von der Geschichte verflucht wirken. Während einer der schlimmsten Episoden des europäischen Kolonialismus bis aufs Blut ausgebeutet, im Kalten Krieg ein Spielball zwischen Ost und West, dann jahrzehntelang unter der nationalistischen Diktatur Mobutu Sese Sekos. Geschichtsdaten: Kongo-Gräuel...