Colmar, Straßburg: Bruno Bouché, Kurt Jooss «Spectres d’europe»

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Die Glühwürmchen knipsen die Lampen an – auch die im eigenen Kopf: Leuchtkäfer gelten in vielen Kulturen als die Seelen der Verstorbenen. Ein schöner Gedanke, dass die Leuchtkäfer in der in Mulhouse uraufgeführten Choreografie «Fireflies» von Bruno Bouché beim Ballet de l’Opéra National du Rhin die Seelen jener Soldaten sein könnten, die in dem an diesem Abend ebenfalls getanzten Antikriegsballett «Der grüne Tisch» von Kurt Jooss im expressionistischen Totentanz ihr Leben lassen.

 

Der Abend «Spectres d’Europe» ist ein ambitioniertes Gesamtkunstwerk aus Tanz, Text und Musik. Er beginnt beim Einlass mit einer Installation frei herumgeisternder Textfragmente aus Dantes «Divina Commedia», einem Pasolini-Brief und dem Flüchtlingsfilm «Des Spectres hantent l’Europe» von Maria Kourkouta und Niki Giannari. Ein leuchtendes Bildzitat aus Pasolinis Film «Geschichte einer Papierblume» wird von einem Tänzer zweimal im Verlauf des Stückes durch die Diagonale des Bühnenraums getragen. Eine Frau bewegt sich wie auf der Flucht, schaut ängstlich in den Orchestergraben und wird von zwei Tänzern zurückgehalten. Die Arme der Tänzer sind als horizontale Linien weit ausgestreckt, als wollten sie sich ...

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Tanz November 2018
Rubrik: Kritik, Seite 38
von Martina Wohlthat

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