Brief aus Cali
Vor dem Nachbarhotel, dem teuersten am Ort, hat es ein Kollege beobachtet. Ein junger Kolumbianer erzwingt von einer Touristin mit dem Messer die Herausgabe ihrer Handtasche. Zur Mahnung ritzt er ihr noch in die Hand. Kriminalität und Amüsement liegen dicht beieinander. In einer Seitengasse unweit des Hotels trifft sich nachts die schrillbunte Travestieszene.
Ungefährlich lebt man nicht im andengesäumten Cali, der mit gut drei Millionen Einwohnern drittgrößten Metropole Kolumbiens.
Selbst wenn das einst so mächtige wie gewalttätige Cali-Kartell zerfallen ist, agieren seine Splittergruppen auch weiterhin im Drogengeschäft. Cali ist beliebt, trotz Regenreichtum. Die gleichbleibenden Temperaturen um die 26 Grad Celsius lockten schon 1536 den Stadtgründer, einen Offizier aus Pizarros Plündererheer. Der Geist der Piraterie hat sich erhalten.
Dass Cali auch in die Tanzgeschichte eintrat, verdankt die Stadt einer resoluten Dame. Schlüsselerlebnis für Gloria Castros Weg zum Tanz war der Film «Die roten Schuhe» von 1948. Die wohlhabende Tochter zog aus nach Palermo und in die Arena di Verona, sie studierte in Prag und kehrte 1970 nach Cali zurück. Dort gründet sie, nach kubanischem Vorbild, ...
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