vortex temporum
So sensibel. So unglaublich behutsam – man fürchtet fast, das feinstoffliche Gewebe, das sich dort auf der Bühne entspinnt, kann die grob-poltrige Realität einer Zuschauerschar kaum aushalten. «Vortex Temporum», ein «Zeitenstrudel», in den Tänzer und Musiker mit überwachen Sinnen, hoch empfindsamen Körpern gesogen werden, hin zu einem Verschwinden, zum Verlöschen des ganz wörtlich zu verstehenden Da-Seins, der Präsenz auf einer Theaterbühne.
Es scheint, als würde Anne Teresa De Keersmaeker derzeit mit jedem Stück zarter.
So überbrachte sie zuletzt in der großartigen «Partita 2», ihrem Duo mit dem französischen Choreografen Boris Charmatz, die humanis-tische Botschaft bereits ganz rein und doch fragil dosiert: ein Paar, das sich tanzend immer mehr findet, sich stützt, hält, trägt – spielerisch wie Kinder, fürsorglich wie zwei Versehrte. Und irgendwann in diesem perfekt einfachen Tanz zu Bachs Violin-Komposition treten die beiden ganz nah ans Publikum und berühren mit präzis choreografiertem Gebärdenspiel das eigene Gesicht: eine fortgetupfte Träne, das Wegpusten einer Wimper von der Fingerspitze, das sanfte Streichen über die Denkerfalte auf der Stirn. Eine so bezaubernde ...
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Tanz November 2013
Rubrik: produktionen, Seite 8
von Nicole Strecker
Ein Mann liest seelenruhig ein Buch, während vor ihm eine Frau fast ertrinkt. Doch ist das überhaupt eine Frau? Die langen, knallroten Haare weisen sie eher als Fantasiewesen aus, vielleicht eine Nixe, deren Fuchteln und Wirbeln möglicherweise nicht dem Schrecken vor dem Wasser entspringt, sondern dem Aufbegehren gegen das Landen. Wie soll sie jetzt atmen? Gehen?...
Weltmarktführer können sich schlappe Performances offenbar problemlos leisten. Nike zumindest trägt die Nase sehr hoch, seit sich sein Marken-Imperium bis weiter hinter den Ural erstreckt. Schuhe, Trainings-Outfits und Accessoires mit dem Haken-Logo verkaufen sich wie verrückt – wozu noch so was Altbackenes wie Servicefreundlichkeit kultivieren? Wer in Berlin...
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le corsaire
120 Tänzer auf der Bühne, aufgeboten für eine Liebes-Saga mit Piraten-Flair, arrangiert von keinem Geringeren als Alexei Ratmansky (im Schulterschluss mit Yuri Burlaka): 2007 feierte diese «Corsaire»-Inszenierung im Namen des Bolshoi Premiere, wiewohl das Stammhaus damals wegen der millionenschweren Restaurierung geschlossen war. Dem...