Richard Wherlock
Im Frühjahr 2020 hatte ich gerade damit begonnen, ein Ballett mit dem Titel «Gloria» zu choreografieren, als nach wenigen Probentagen der Prozess abrupt abgebrochen wurde. Es war sehr unwirklich. Mit den Proben zu einem neuen Stück beginnt normalerweise eine Art Eintauchen. In die Musik, in das Schrittmaterial, den Raum, das Thema. Die Außenwelt rückt währenddessen etwas in den Hintergrund, und ich lasse mich ganz auf die Resonanzen ein, die mit meinen Tänzerinnen und Tänzern während der Arbeit an der Choreografie entstehen.
Es war im ersten Moment so, als würde man unsanft aus einem Traum geweckt. Doch dann entstand plötzlich etwas ganz Neues: Das Ensemble signalisierte mir seine Bereitschaft, gemeinsam quasi «over distance» am Stück weiterzuarbeiten. Mit acht Choreograf*innen aus den Reihen des Ensembles, dem Bühnenbildner und den Dramaturgen begann dann eine Art Zoom-Produktion.
Im Gegensatz zu Deutschland war es uns in der Schweiz möglich, ab April wieder zu spielen. «Gloria» hatte am 12. Mai 2021 endlich Premiere. Dieses Stück ist während des Lockdowns entstanden. Meine Tänzer*innen haben im März 2020 gesagt: Wir arbeiten jeder von zu Hause aus am Stück weiter. Es wurde eine ...
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Tanz Jahrbuch 2021
Rubrik: Pandemie, Seite 62
von
Produktiv war die frühzeitige, klar organisierte und entschiedene Covid-Test-Strategie der Wiener Bundestheater Holding. Sie verdankt sich der Überzeugung – und dafür stand vor allem Staatsoperndirektor Bogdan Roščić ein –, wie wichtig es ist, den Probebetrieb unter allen Umständen aufrechtzuerhalten. Wir waren gewiss in einer Sonderposition, die man auch...
Im August 2020 fing unsere erste Spielzeit als neugeformtes Ballett am Rhein an. Die Welt stand still, aber wir bewegten uns weiter. Wortwörtlich: Im Ballettsaal, im digitalen Raum und in unseren Köpfen und Herzen wurde unsere Vision für diese Compagnie weitergesponnen, vorangetrieben, vergrößert und bereichert von und mit den Menschen, die mir an den Rhein gefolgt...
Da sage noch einer, in Frankreich hätten sie keinen Sinn mehr für Romantik. Dabei macht die von Charles Garnier erbaute, 1875 eröffnete Opéra, Hort von «Schwanensee», «Giselle» und «Phantom»-Fantasien, Furore im queeren Pop-Geschäft. Und das kam so: Erst gab es die Musik, aufgehängt am Liebesdrama Dante Alighieris mit seiner Beatrice, dann trat ein Filmregisseur...