berlin: primera carta de san pablo
Den Titel von Angélica Liddells Performance, die zuletzt im Frankfurter Mousonturm gastierte, kann man sich nicht merken, den muss man aufschreiben: «Primera carta de San Pablo a los Corintios. Cantata BWV 4, Christ lag in Todesbanden. Oh, Charles!». Es ist der dritte Teil ihres «Auferstehungs-Zyklus». Es geht um Hände. Hände haben mit Oberflächen zu tun und mit Begegnung. Die Bühne bedeckt ein rotsamtenes Tuch, das wirkt wie hingegossen. Die Farbe erinnert an Blut oder an Theater.
An der Rückseite prangt Tizians Gemälde «Venus von Urbino»: Ein Bett, darin eine Frau, helle Haut, die linke Hand auf der Scham. Ein Hündchen ruht sich zu Venus‘ Füßen aus. Sie schaut den Betrachter an. Erst am Ende der Performance gibt es nackte Frau auch auf der Bühne, dann gleich fünffach und kahl. Angélica Liddell selber bleibt züchtig bekleidet, lässt per Sprache die Hüllen fallen, entäußert die Figur, die sie als Schauspielerin verkörpert
Der stumme nackte Mann, der zuweilen erscheint, trägt goldene Haut. Eine putzige Mischung aus Putte und Jesus. Er bringt Liddell einen Koffer, Sorte Parteispende. Die Schätze darin, einen Kelch und ein weißes Tüchlein, fasst sie vorsichtig an. Manchmal fingert ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Tanz Juni 2015
Rubrik: kalender und kritik, Seite 39
von Melanie Suchy
Ein Albtraum. Oder was? Als ob er das Kommende ahnte, wälzt sich Josef K., d. h. Flavio Salamanka, auf seinem Lager. Unruhig ist sein Schlaf. Wiederholt bäumt sich sein Körper auf, schlotternd vor Angst, während die Musik von Walter Fähndrich voller Seufzer ist. Noch ist Josef K. allein. Noch weiß er nicht, dass ihn womöglich jemand verleumdet hat. Er ist sich...
Dreißig Jahre lang hat Vladimir Ashkenazy kein Album mehr eingespielt. Wenn er jetzt zum 100. Todestag von Alexander Skrjabin noch einmal seine pianistische Könnerschaft beweist, dann nicht zuletzt, weil die Popularität von dessen sinfonischem Œuvre die der Klavierstücke leicht überschattet. Zu kurz, um sich in ihrer Schönheit ganz zu erschließen, lassen sie im...
Ein stämmiger Mann (Wim Opbrouck) betritt missmutig die Bühne. Seine gestreiften Hosen lassen erkennen, dass er Mitglied einer Brass-Band ist. Er schließt einen DVD-Player an, nimmt ein Becken zur Hand und wartet auf seinen Einsatz in Wagners «Lohengrin»-Ouvertüre. Doch schon bald wird ihm langweilig, da die Musik für sein Instrument kaum Arbeit vorsieht. Als die...