Alain Platel
Ich zitiere sehr häufig einen Satz aus Amin Maaloufs Buch «Le Dérèglement du Monde» («Die Auflösung der Weltordnungen»): In Krisenzeiten sollte man (viel mehr!) in Kultur, Wissenschaft und Bildung investieren, denn kreative Lösungen dürfen wir von den Banken nicht erwarten.
Das ist alles.
Weitere Antworten auf die Frage, was bestehen bleiben muss und was sich innerhalb und außerhalb des Theaters ändern sollte, braucht es meines Erachtens nicht.
Ich bin absolut zuversichtlich, dass im Theater und in den Künsten allgemein genügend Vernunft, Intelligenz und Wagemut existieren, um etwas – was auch immer – zu bewegen.
Unser Hauptanliegen als Künstler sollte sein: die Welt mit unbändiger Neugier zu beobachten, die Geschehnisse zu kommentieren und Alternativen zu unterbreiten, wie man das Leben, das zu leben sich niemand ausgesucht hat, betrachten und leben kann.
Vielleicht noch ein persönlicher Gedanke: Die westliche Kunst ist eine Meisterin in der Darstellung menschlichen Leidens. Leid und Schmerz gehören möglicherweise zu den seltenen Erfahrungen, die wirklich allen Menschen auf diesem Planeten gemein sind. Sollte daran je ein Zweifel bestanden haben – spätestens jetzt haben wir ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Tanz Jahrbuch 2020
Rubrik: Jahrbuch 2020, Seite 68
von Alain Platel
Wenn es stimmt, dass die Zukunft bereits eingetreten ist – wie der US-amerikanische Science-Fiction-Autor und Erfinder des Begriffs «Cyberspace» William Ford Gibson schon 1993 verkündet hat – so ist diese Zukunft (samt ihren Errungenschaften) heute recht breit gestreut. Und das zu unserem Vorteil. Bei der globalen Rolle rückwärts in den Cyberspace, ausgelöst durch...
Ich befinde mich derzeit in einer Art Zwischenwelt. In meinem unmittelbaren Umfeld war nichts, was ich als katastrophal empfunden hätte. In dem Künstlerumfeld sind alle Überlebenskünstler und prekäre Situationen gewohnt. So was wie bankrott gibt’s da nicht. Man hatte immer genau genug zum Überleben, und jetzt gerade überlebe ich auch. Es fühlt sich noch nicht an...
Liebe Freunde, unvermittelt finden wir uns mit einem Phänomen konfrontiert, das in seiner Größenordnung für die Menschheit etwas noch nie Dagewesenes darstellt. Sein Name – «Corona» – leitet sich vom Lichtkranz der totalen Sonnenfinsternis ab, einem Naturschauspiel, das für uns mit intensiven Empfindungen verbunden ist: Alles wird von Dunkelheit verschlungen, und...