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Philippe Jordan dirigiert «Parsifal», mit einem alles überragenden Georg Zeppenfeld als Gurnemanz

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Der Schwanenmord steht noch aus, erst recht der Gang durch Raum und Zeit zur Gralsburg oder Kundrys alles wendender Kuss. Es ist Gurnemanz, der für einen frühen Höhepunkt sorgt. «Ihm neigten sich in heilig ernster Nacht …», singt Georg Zeppenfeld, und man muss innerlich niederknien vor ihm. Dass dieser Bassist für seine Wortverständlichkeit gerühmt wird, passiert ständig. Aber hier hört man exemplarisch, was Zeppenfeld zum singulären Fall des Wagner-Gesangs macht. Die musterhafte Verbindung von Deklamation, Textbewusstsein und Legato-Phrasierung.

Jedes Wort, jede Silbe hat Gewicht, und doch wird alles zusammengefügt zu flexiblen, belcantesken Bögen. Kein Ton ist verzerrt, nichts wird forciert. Wie ein ins Monumentale geweitetes Lied, ohne dass etwas ausgestellt oder doziert wird. Einmal nimmt Zeppenfeld das Wort «Sünder» subtil zurück, und doch klingt es nicht demonstrativ. Und irgendwann beschleicht einen die Frage: Ob der Gurnemanz jemals derart vollkommen auf CD gebannt wurde?

Dabei ist die Neueinspielung «nur» ein Soundtrack. Im April 2021 kam dieser «Parsifal» an der Wiener Staatsoper heraus. Der Lockdown zwang alle Beteiligten zur Stream-Premiere. Was eine böse Pointe birgt, ...

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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 31
von Markus Thiel

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