Johanna Rudström (Angelina) und Ole Aleksander Bang (Don Ramiro); Foto: Theater/Sören Vilks
Wunderkammer
Zwei Phänomene überraschen den Verfasser dieser Zeilen, wann immer Rossinis «Cenerentola» auf dem Programm steht. Da wäre zunächst die Genialität, mit der der Komponist die musikalischen Formen seiner Zeit auszuschöpfen weiß. Evident wird sie nicht nur in der Art, wie sich Angelinas volksliedhafte Kavatine «Una volta c’era un re» aus dem Belcanto-Gefüge herausschält und die gesamte Mechanik der Oper gleichsam unter moralischen Verdacht stellt.
Sie offenbart sich auch in der Plausibilität, mit der sich die Ensembles und formbewussten Finalszenen als Kommentare zum Illusionstheater lesen lassen – was umso mehr frappiert, wenn man bedenkt, dass Rossini die Partitur in nur drei Wochen anfertigte. Zum Zweiten erstaunt die Modernität Angelinas: Allein die Entschlossenheit, mit der sie darauf drängt, dass ihr Prinzengatte in spe ihre wahre Identität erkenne, unterscheidet sie himmelweit von jener gedemütigten Aschenputtel-Figur, die Walt Disney – und vor ihm die Gebrüder Grimm – gezeichnet haben.
Es sind vor allem solche Facetten, die in der von Lindy Hume inszenierten und von Jean-Christophe Spinosi musikalisch geleiteten Stockholmer Neudeutung (eine Kooperation mit der Opera ...
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Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Guy Dammann
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