Wer zerreißt Orpheus?

Zur europäischen Identität der Oper

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Die Zielrichtung der Oper ist zunächst etwas unklar. Einerseits wird sehr bald deutlich, dass sich um 1600 ein Medium etabliert, das wie kaum ein anderes für die höfische Repräsentation geeignet ist. Andererseits war es gerade dieser repräsentative Aspekt, der ganz essenziell mit Prachtentfaltung verknüpft war und den die frühen Autoren der Oper offensichtlich vermeiden wollten. Zwar ist die Annahme, die prachtvollen Florentiner Intermedien des 16. Jahrhunderts gehörten zu den wichtigsten Quellen der Oper, nicht von der Hand zu weisen.

Doch widerspricht die Erscheinungsform der frühen Opern diesen Intermedien so sehr, dass eher daran zu denken ist, hier sollte eine Gattung geschaffen werden, für welche die künstlerische Legitimation durch humanistische Bildungszirkel wichtiger war als die Legitimation durch den bei den frühen Opern noch gar nicht feststehenden Zweck. Obwohl es nur wenige Rezeptionszeugnisse gibt, scheint es doch so, dass das lange Deklamieren in diesen frühen Opern als eher unerfreuliche Erscheinung betrachtet wurde. Caccini etwa berichtete selbst, dass seine Oper «Il rapimento di Cefalo» deshalb nicht erfolgreich gewesen sei, weil man die Musik für langweilig ...

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Opernwelt März 2011
Rubrik: Thema, Seite 34
von Michael Walter

Vergriffen
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