Wege zur Kunst

In Frankfurt steht das «Opernhaus des Jahres». Ein literarisch-soziologischer Streifzug durch die Stadt der Widersprüche sowie eine kleine Saisonrückschau

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Ein ahnungsloser Reisender wäre vermutlich nachhaltig irritiert, käme er an einem milden Herbstnachmittag am Frankfurter Hauptbahnhof an und würde seinen Weg zu Fuß durch das Bahnhofsviertel in Richtung Willy-Brandt-Platz antreten. Der Pfad zur Kunst, er ist steinig und für zarte Gemüter nicht eben angenehm.

Seit einigen Jahren wächst die Armut und damit auch die Kriminalität gerade in diesem Viertel und steigt auch der Drogenkonsum wieder auf jene Höhe, die Ende der 1980er- und bis Mitte der 1990er-Jahre dazu führte, dass rund 2000 Junkies das Straßenbild bestimmten und sich spätestens mit Beginn der Dunkelheit bei vielen Beteiligten ein Unwohlsein einstellte. Erst mit dem Amtsantritt von Petra Roth änderte sich die Lage. Die resolute CDU-Politikerin sorgte dafür, dass in den Straßen zwischen Kaisersack und Taunusanlage wieder eine anregte «Normalität» herrschte, die der multikulturellen, -ethnischen und -sozialen Vielfalt des Viertels dennoch keinen Abbruch tat. Die Gegensätze – hier Hochfinanz, dort Niedriglohnsektor – blieben bestehen. Und mittendrin gab es da nach wie vor diese wunderbare Glasfront, hinter der die Städtischen Bühnen Frankfurt residierten. Ein Wimmelbild der ...

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Opernwelt Jahrbuch 2023
Rubrik: Opernhaus des Jahres, Seite 6
von Jürgen Otten

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