Was nicht gelebt werden darf

Wagner: Tannhäuser Freiburg / Theater

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«... wird aus der Hölle heißem Brand Erlösung nimmer dir erblühn». Immer wieder stammelt er die Worte, windet sich, als wolle er sie abschütteln, spuckt sie aus, keucht, zuckt. Ein Trauma. Ein Vorspann. Noch bevor die Ouvertüre einsetzt, sehen wir Tannhäuser einsam im Lichtkegel. Rom liegt hinter ihm, den Bannfluch des Papstes aber wird er nicht mehr los. Was folgt, ist eine Rückblende. Eva-Maria Höckmayr erzählt Wagners beliebteste, heikelste Oper aus der Retrospektive. Dabei zieht sie die Pole eng zusammen.

Was im Venusberg passiert, ist all das, was man in der grauschwarz-neutralen Wartburggesellschaft nicht denken, aussprechen oder gar ausleben darf. Der Venusberg bleibt folglich Phantasmagorie: Gläubige geißeln sich stöhnend in Lustschmerz, eine junge Frau wird ans Kreuz gebunden, eine Madonna zeigt Brüste, gierige Männerhände zucken, Videos und Bühnenaktion wirbeln durcheinander. Venus – in Rot, was sonst – steigt aus einem Beichtstuhl. Elisabeth – in Weiß, was sonst – ist dagegen eine reale Figur. Sie lebt – und leidet an weltfremden Weltweisen, die eine liebesferne Minne besingen und dabei Geist und Gier trennen. Doch trägt nicht Landgraf Hermann anfangs einen roten Anzug? ...

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Opernwelt April 2014
Rubrik: Panorama, Seite 33
von Stephan Mösch

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