Verwirrte Gefühle

Doris Dörrie schickt «La finta giardiniera» in Salzburg ins Gartencenter, Christian Pöppelreiter präsentiert am Prinzregententheater in München temporeiches Singspiel-Theater

Opernwelt - Logo

Kaum vorstellbar: eine Auffüh­rung des «Figaro» mit deutschen Dialogen oder die «Entführung» mit Secco-Rezitativen auf Ita­lienisch. Im Falle von Mozarts «La finta giardiniera» gibt es extreme Fassungsunterschiede: Für Augsburg (1780) hat Mozart das Stück als Singspiel mit gesprochenen deutschen Texten autorisiert. Dass beide Versionen freilich nur zwei Seiten einer Medaille darstellen, konnte man nun bei der Mozart-Woche Salzburg und im Münchner Prinzregententheater erleben.


Doris Dörrie verlegt die «Finta giardiniera» (ihre zweite Mozart-Inszenierung nach dem Debüt mit «Così» in Berlin 2001) aus einem Rokokoanwesen samt Park in ein Gartencenter. Dort hat alles seinen Preis, dort etikettieren, regis­trieren und kontrollieren junge, smarte Verkäufer wie in Trance. Hier entwickeln aber auch die überlebensgroßen Pflanzen aus Plastik ein Eigenleben, korres­pondieren Blüten, Bäume und tanzende Marmorstatuen mit den Sängern (Bühnenbild und Kostüme: Bernd Lepel). Und da verschlingt schon mal die riesige Fleisch fressende «Venus» für stolze 985 Euro einen ganzen Mann, der arg lädiert, blutüberströmt und mit zerfetzter Kleidung erst viel später wieder ausgespuckt wird.
Das ist die späte ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2006
Rubrik: Thema, Seite 40
von Klaus Kalchschmid

Vergriffen
Weitere Beiträge
Kreatives Brüten

Spätestens mit Walter Felsenstein ist uns ­bewusst geworden, dass die Opernbühne zweierlei Arten der Darstellung erlaubt. Einmal das «mit Ausdruck Singen und dazu Spielen», wie es für die Oper als Regel gilt. Freilich nicht fürs Musiktheater. Denn für Letzteres ist Musik «nicht etwas vorher Gegebenes, in das der Sänger sich während des Singens einfühlt» (Joachim...

Heroine mit Herz

Am Anfang war Astrid Varnay. Ihr verdankte ich den persönlichen Kontakt zu Birgit Nilsson. Ich wollte mit der großen schwedischen Sopranistin über ihr Leben und ihre Kunst reden. Sie hatte sich schon weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, gab nur noch selten Interviews. Ein lapidares Fax aus Schweden erreichte mich, einen Tag nachdem ihre Freundin Astrid...

Begegnungen mit der jungen Birgit Nilsson

Es war das Jahr 1944. Ich selbst, mit fünf­undzwanzig Jahren äußerst musik­interessiert und zwar hauptsächlich an Opern, erhielt meine erste Anstellung bei einer großen Zeitung in Stockholm. Der Musikkritiker des Blattes hatte den guten Einfall, sich für «Hausmusik» einzusetzen. Zwei junge Damen sollten auftreten: eine Gesangschülerin, sechsundzwanzig, und ihre...