Verschenkt
Als die Hamburger Musikhochschule im Sommer diese Oper inszenierte, gab es einen femininen Proteststurm: Falstaff hatte einigen Damen den Hintern getätschelt. So etwas gehe gar nicht, meinten Studentinnen, die offenbar nicht nur Schillers Ausführungen zur «Schaubühne als moralische Anstalt» falsch verstanden haben. Handelt das Stück, gleich anfangs verkündet von Frau Fluth, doch genau davon, dass Weiber sich zur Wehr setzen.
An der Lindenoper blieben vergleichbare gutmenschliche Proteste aus, obwohl Alkohol und Tabak in starkem Maße missbraucht wurden und sich Monsieur Fenton (hervorragend: Pavol Breslik) xenophobe Angriffe gefallen lassen musste wegen seiner grotesken deutschen Aussprache. Nun, das alles steht im Libretto, darf also noch ein Weilchen als legitim gelten. Vollständig von den Spielplänen verschwinden wird Otto Nicolais Meisterwerk – er hatte zuvor sieben andere Musikdramen geschrieben und eine beachtliche D-Dur-Symphonie – so oder so nicht, ist es doch längst zum Repertoirefall kleiner Häuser geworden. Auch die Berliner Lindenoper, wo die Shakespeare-Adaption 1849 erstmalig erklang, übte sich jahrzehntelang in Abstinenz. Es gereicht Daniel Barenboim zur Ehre, das ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Volker Tarnow
Viermal lockt die blonde Schöne den Liebe suchenden Tannhäuser in der gleichen Pose. Jedes Mal vergrößert sich bis zum Ende der Ouvertüre ihr Gefolge. Dabei watet man auf der Bühne des Stadttheaters Klagenfurt knöcheltief durchs Wasserbassin. Der französische Regisseur David Bobée sieht nämlich im Venusberg nicht die lodernde Glut wild entflammter Begierde,...
Was wohl der weise wie menschenkundige Doktor Marianus zu dieser Szene am Beginn des vierten Akts von «Les Indes galantes» anmerken würde? Er würde vermutlich schweigen, schmunzeln und sehr sanft sein Haupt schütteln. Denn rein gar nichts ist hier von jener reinen Minne zu spüren, die Marianus in der Bergschluchten-Szene aus Goethes «Faust II» besingt, von jener...
Bibelfeste Erzmänner verweisen gerne auf Paulus und dessen Mahnung an das weibliche Geschlecht (im Ersten Korintherbrief, Kapitel 14, Verse 34 und 35). Verkürzt und in heutigem Macho-Jargon würde diese etwa lauten, die Frau solle die Schnauze halten und tun, was der Mann ihr sagt. Eurydice pfeift darauf. Längst hat sie genug vom Gefiedel ihres Ehegespons, also...
