Très charmant
Wie in Deutschland, so stand auch in Frankreich das Orchesterlied stets im Schatten des klavierbegleiteten Sololieds, der mélodie. Héctor Berlioz war der Erste, der 1856 die Orchesterversion seiner «Les nuits d’été» einer musikalischen Feinarbeit unterzog, die sich vom Operngesang mit seinen kräftigeren instrumentalen Pinselstrichen meist deutlich abhebt. Dieser Praxis sind bis zu Debussy und Ravel auch die jüngeren Komponistengenerationen gefolgt.
Véronique Gens, die mit ihrem Album «Vision» bereits 2017 eine erste Auswahl aus dem Repertoire vorlegte, engagiert sich mit ihrer neuesten Solo-CD «Paysage» ein weiteres Mal für das vergessene Erbe der Spätromantik. Mit von der Partie ist wieder das vorzügliche Münchner Rundfunkorchester unter der aufmerksamen Leitung von Hervé Niquet sowie die Palazetto Bru Zane-Stiftung mit ihrer begleitenden Forschungsarbeit. Und erneut begegnen wir, mit Ausnahme dreier Lieder Gabriel Faurés, die man in ihren Klavierversionen kennt, weitgehend unbekannten Stücken, ja mit Théodore Dubois (1837–1924) und Fernand de La Tombelle (1854–1928) sogar eher ungeläufigen Namen.
Der mit vier Beispielen prominent berücksichtigte Dubois erweist sich vor allem in ...
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Opernwelt Juni 2024
Rubrik: CD, DVD, Buch, Seite 30
von Uwe Schweikert
An Rusalka scheiden sich die Geister. Weniger jedoch am Bühnenwerk gleichen Namens, sondern vor allem an dessen Titelheldin selbst, der schüchtern-schönen Schwester Undines und Melusines. Was bitte soll man machen mit einer Nymphe, die man sich heutzutage nur mühsam auf schweren Schwanzflossen über eine Bühne gleitend vorstellen kann? Welches «Bild» wäre wohl...
Ein paar Zitate des Meisters aus Stratford kurven zu Beginn durchs Video. Wenn die Ouvertüre dann heißläuft, ist dort nur noch groß zu lesen: «Bla, bla, bla.» Keine an Shakespeare adressierte Blasphemie ist das, gemeint sind mutmaßlich Librettist Salomon Hermann Mosenthal und, als Mitschuldiger, der Komponist des Werks. «Die lustigen Weiber von Windsor», so sehr...
Ein Mann und eine Frau, die an einer Strahlenkrankheit stirbt, von fremden Stimmen besessene Figuren, eine Liebesgeschichte und die Welt nach einer Atomkatastrophe: Mit «INES» zeigen Ondřej Adámek und Katharina Schmitt ein Musiktheaterstück am Ende des Anthropozäns. Der Titel geht dabei auf die INES-Skala zurück, die zur Festlegung von Störfällen in Kernkraftwerken...