Symphonisch gesteigerter Racheschrei

Strauss: Elektra Wien / Staatsoper

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«Ein Krampf. Ein Schreck. Ein Händedruck.» Es ging um die Uraufführung von Hugo von Hofmannsthals «Elektra», und der Kritiker Alfred Kerr dichtete Schlagzeilen.

Dabei reimte er freilich auf Druck Gluck. Doch die Musik des Ritters war ein Lüfterl im Vergleich zum Orkan, der noch kommen sollte: Richard Strauss funktionierte das Schauspiel, das im Zeichen der Psychoanalyse als subtile Studie der Hysterie geplant war, um zum symphonisch gesteigerten, eruptiven Racheschrei.

Dazu bemühte er ein Riesenorchester, eines der größten der Operngeschichte, bei dem sich im Graben fast zehn Dutzend Musiker gegenseitig auf die Füße treten. Doch wer die Partitur genau liest, stößt auf erstaunlich viele Piani. Die meisten Dirigenten scheinen sich darauf nicht einlassen zu wollen – für sie beginnt die dynamische Skala dieses Werks allenfalls beim Mezzoforte.

So war es erstaunlicherweise selbst bei Claudio Abbado in der vorletzten Neuinszenierung der Wiener Staatsoper (1989). Von daher ist Mikko Franck, der das Pult für diese neue Produktion vom abgewanderten Ex-GMD Franz-Welser-Möst erbte, eigentlich in guter Gesellschaft. Freilich, dass der freundliche Finne die Sänger in der Premiere nicht zu ...

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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Gerhard Persché

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