Suche nach einer verloren geglaubten Zeit
«Darf ich das signieren?» Was für eine Frage. Aber natürlich. Wir bitten sogar darum. Wer weiß, wann wir Margarita Marinova noch mal treffen. In ihrem «Archiv», einem winzigen, über und über mit Aufführungsplakaten dekorierten Raum im zweiten Stockwerk des Plattenbaus gleich hinter der Oper. Einem unwirtlichen Kasten mit blinden Fenstern, verzogenen Türen und bröckelndem Beton. Im Winter ist es hier drinnen so kalt, dass man die dicke Jacke anbehalten muss. Wenn der Wind eisig durch die Ritzen pfeift.
Wenn wieder einmal die alte Heizung ausfällt, weil sie schlapp macht oder weil kein Geld mehr da war, um die letzte Rechnung zu bezahlen. Geprobt, geschneidert, geschweißt, geschraubt und gemalt wird trotzdem das ganze Jahr. Und Margarita Marinova ist auch jeden Tag hier. Irgendwie muss der Betrieb ja weitergehen – im Haus ihres Lebens, der Narodna Opera Russe.
Schon hat sie aus dem Wust auf dem kleinen Schreibtisch einen Kugelschreiber gefischt, füllt die blassroten Vorsatzseiten einer Broschüre zum 40-jährigen Bestehen «ihrer» Oper mit einer Widmung in kyrillischen Lettern. Und erzählt ohne Punkt und Komma. Von den Anfängen 1949. Von dem Tagebuch, das sie seit Jahrzehnten über jede ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Reportage, Seite 52
von Albrecht Thiemann
Vorromantische Opern scheinen von Regisseuren mitunter gern tiefgekühlt serviert zu werden. Ein Trend? Verglichen mit Bob Wilsons leichenschauhaus-frostiger Inszenierung von Monteverdis «L’incoronazione di Poppea» an der Mailänder Scala (siehe OW 3/2015) lässt sich die Neuproduktion von Glucks «Alceste» in Venedig als eine Art Kompromiss zwischen historisch...
Wenn es tagt, dann wendet sich auch der König der Sonne zu. Der Helligkeit, der Kraft, der Erkenntnis. Ein finales Dur-Aufgischten markiert die Lösung des inneren Konflikts, die Läuterung, das Heraustreten aus dem bisherigen Sein – und den Gegenpol zur dunklen Verführung zuvor. Eine Apotheose, in Nürnberg allerdings ein kurzer Schreckensmoment. Ein Scheinwerfer...
Chaos tobt um das Theater der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns. Als sei das Volkstheater Rostock durch die Entscheidung, das Ballett und die Opernsparte auszu-
lagern, nicht schon genug gebeutelt, setzte der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling auch noch den Intendanten vor die Tür, der gerade damit begonnen hatte, das Haus wieder in Schwung zu bringen....
