Stimmungsmacher
Unheimliche Dinge vernahm man über den Beginn des neuen Werks. Ein ohrenbetäubendes Dröhnen soll bei der Premiere die Plüschbestuhlung im ehrwürdigen Brüsseler Opernhaus zum Zittern gebracht und die Ankunft des Raumschiffs apokalyptisch begleitet haben.
Bei der fünften Vorstellung wollte man dem Publikum dann offenbar nicht mehr die volle Dosis des akustischen Infernos zumuten: Das Grummeln, Pfeifen, Rauschen war auf das Niveau eines Rockkonzerts im Altersheim gedrosselt, während man die Projektion einer Art Raumstation oder Kommandozentrale in einer unwirtlichen Schneelandschaft erkennt.
Die frostige Atmosphäre wird uns ständig begleiten in dem zweistündigen Werk, mit dem Mark Grey (Musik) und Júlia Canosa (Libretto) die Geschichte von Victor Frankenstein und seiner Kreatur aufgefrischt haben. Dabei wird Mary Shelleys Gruselgeschichte vom künstlichen Menschen, der sich für seinen Schöpfer und die Menschheit zum Albtraum entwickelt, hier wie durch eine vereiste Scheibe betrachtet. Man erinnere sich: 1816, als Westeuropa und die USA ein unheimliches «Jahr ohne Sommer» mit Missernten und Hungerkatastrophen erlebten (als Grund nimmt man heute einen Vulkanausbruch in Indonesien an), ...
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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Michael Struck-Schloen
Spätestens seit die USA vor drei Monaten aus dem INF-Vertrag über die Stationierung von Mittelstreckenraketen ausgestiegen sind, ist offensichtlich, dass mit dem Zerstörungspotenzial der Atombombe zwischen den Großmächten inzwischen wieder so unverhohlen gedroht wird wie zu Zeiten des Kalten Kriegs. Diese nach wie vor bestehende tagespolitische Relevanz ist nur...
Schöner war Hoffnung wohl nie: «Zieh Gedanke, auf gold’nen Schwingen, / zieh und ruhe auf Fluren und Hügeln! / Lass die Sehnsucht den Lauf dir beflügeln, / bis zu Zions Gebirge und Tal.» Mögen diese luziden Verse nicht jedem Erdenbürger vertraut sein, die Musik dazu ist es mit ziemlicher Gewissheit – das Fis-Dur-Largo aus Verdis «Nabucco» zählt zu den...
Warum nur kommen Baraks Brüder eigentlich einarmig, einäugig und bucklig daher? Ganz einfach: Die drei schrundigen Gestalten sind versehrte Veteranen des Ersten Weltkriegs, mittellos heimgekehrt und nun aufgenommen im Unterschichtenhaushalt des Färbers und der Färberin. Brigitte Fassbaender erhellt in ihrer Kieler Inszenierung sogleich das symbolverschwurbelte...
