Sprachmusik
Samuel Becketts späten Texten kommt man vielleicht am nächsten, wenn man sie als absolute Musik versteht. Die Sprache und ihre Elemente – Laute, Silben, Wörter – sind hier so kombiniert, dass der performative Akt der Rezitation, dass Rhythmus, Melodie und Artikulation zum eigentlichen Medium der Sinnstiftung werden. Ob Dialog oder Prosastück – das letzte verbindende Band dieser erratischen, wortreich verstummenden Fragmente ist ihre Abdichtung gegen jede Art semantischer Vereinnahmung.
So wie – philosophisch gesprochen – der Mensch in der entzauberten Moderne rettungslos auf sich zurückgeworfen ist, so stehen Becketts Figuren, Bilder und Motive für nichts als sich selbst. Es ist unmöglich, an ihnen Halt zu finden.
Wenn Becketts Sprache ihr Eigentliches aber als musikalisierte Form findet, sperrt sie sich letztlich auch gegen jede Art von Dramatisierung. Nicht zufällig bezeichnete Beckett die Oper als «eine grässliche Korruption der immateriellsten aller Künste, der Musik». Nur Morton Feldman schaffte es, dem Autor ein «Libretto» abzuschwatzen – sechzehn hermetische Zeilen, die Feldman zu der 1977 in Rom uraufgeführten, unlängst in Stuttgart wiederbelebten szenischen Musik ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Elends-Ambiente, die blanke Not gibt es weder in Freiburg noch in Mannheim. Beide «Wozzeck»-Inszenierungen, die von Markus Lobbes in Süd- wie die von Olivier Tambosi in Nordbaden, munitionieren sich nicht im sozialen Umfeld der Gestalten. Ihre Ortlosigkeit ist total. Gottfried Pilz’ Mannheimer Bühne ist ganz leer: Sand, nichts als Sand, ein Hauch von Zirkus, von...
Die wirkungsvollste und geschlossenste aller Verdi-Ouvertüren, die zur «Macht des Schicksals», beginnt mit sechs leeren Oktaven. Sechsmal der Ton «e» in Fagott, Hörnern, Trompeten und Posaunen. Sechsmal mit Akzent. Wenn dieses «e» unentschieden, orientierungslos geblasen wird, quasi als Unterbrechungsversuch des Parkett-Gemurmels, dann wird schnell ein schlechtes...
Mit ihrer neuen Produktion beweist die Deutsche Oper Berlin Kontinuität: Auf der Bühne dominieren große Namen, im Graben gibt der soundsovielte Top-Kandidat für die Thielemann-Nachfolge den Takt an, im Saal werden Bravi und Buhs unberechenbar ausgeteilt. Was David Pountney und sein Ausstatter Robert Innes Hopkins als bewährtes «Cavalleria/ Pagliacci»-Doppel...